Politische Zensur beim RBB

Der RBB setzte gestern – nach 545 Sendungen – die wöchentliche „progressive Aktionsradioshow“ KenFM auf Radio Fritz ab. Mit Ken Jebsen, dem Produzent und Moderator der wöchentlichen Radiosendung KenFM, entledigt sich der ARD-Sender RBB der letzten politisch unbequemen Person des öffentlichen Rundfunks in Berlin. Nach einem Vorwand zur Absetzung der äußerst erfolgreichen und kurzweiligen vierstündigen Radiosendung hatte der Sender schon seit langer Zeit gesucht und fand nun offenbar endlich einen, der ekelhaft genug ist, um ihrem Namensgeber Ken Jebsen den Saft abzudrehen. Aus dem Zusammenhang gerissene Zitate und der Versuch eines prominenten Journalisten, Jebsen einen antisemitischen Standpunkt nachzuweisen, reichten dazu aus, die letzten Stunden Wahrhaftigkeit sang- und klanglos aus dem Äther zu verbannen.

Nicht in allen seiner bislang 545 Sendungen war es Ken Jebsen gelungen, ganz und gar bei der Wahrheit zu bleiben und seinem selbstgewählten humanistischen Anspruch gerecht zu werden; gleichwohl nahm er es mit dem vielzitierten Kritischen Journalismus weitaus ernster als sämtliche seiner Kollegen und überraschte seine Hörer in jeder Sendung mit gut vorbereiteten, frei und forsch vorgetragenen Analysen, die in ihrer journalistischen, philosophischen und politischen Qualität das aus dem Rundfunk gewohnte Maß bei Weitem überstiegen. Nicht selten trat Ken Jebsen hierbei den Mächtigen aus allen Bereichen der Gesellschaft und gelegentlich auch seinen Hörern (un-) angenehm nah. Gesellschaftliche Verhältnisse zerpflückte er mit überwältigendem Scharfsinn, sezierte mal grob, mal fein säuberlich; Ungerechtigkeiten thematisierte er mit provokantem Elan und stritt dabei mit ebensolchem für die Würde des Menschen. Vehement nahm er Position gegen jedwede Rassismen ein; auch auf seine Haltung gegen Militarismus beharrte er noch bei schärfstem Gegenwind.

Die Absetzung der wohl sinnreichsten Radiostunden Berlins ist ein weiterer schockierender Skandal in der Geschichte der Unterdrückung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und sie zeigt auf, dass freigeistigem Denken offenkundig die Macht zugetraut wird, an den bestehenden Machtverhältnissen ernsthaft zu rütteln – und genau dies möge uns dazu anspornen, es zu tun.

Auf Wiederhören, Ken!

Ostprinzessin

0 Antworten auf „Politische Zensur beim RBB“

  1. Selbstdarstellung:

    KEN JEBSEN

    Es gibt ihn – es gibt ihn nicht.

    Ken Jebsen kommt aus der Zukunft, heißt dort eigentlich Citizen Kane und gewann im Jahr 6322 n.Chr. eine Zeitreise. Er entschied sich für den Abschnitt um das 21. Jahrhundert, da die Welt seinerzeit kurz vor der Kippe stand und “Tittytainment” als “das” effektivste Mittel galt, die Massen im Griff zu behalten und das Schamgefühl der Superreichen, international gesehen, negativ reziprok zu den täglich verhungernden Kindern auf dem Globus stand.

    Insgesamt eine recht spannende, wenn auch deprimierende Zeit, die in einem gigantischen Atomschlag “Jeder gegen Jeden” und unter diversen religiösen Symbolen direkt in den Abgrund führte. Ken Jebsen ist lediglich Beobachter. Sein Fluch: Er kennt die Zukunft, kann sie aber nicht verhindern. Geprägt durch eine humanistische Erziehung versucht Citizen Kane mit der Sendung “KenFM” jene zu KENtaktieren, die ihm diese Zeitreise ermöglichten, um das längst besiegelte Schicksal des Planeten zu verhindern. Tragisch. Komisch. Ohne Aussicht auf Erfolg.

    Es gehört zu den häuslichen Dingen der Gegenwart, im Lichte ihres Wissens zu verurteilen was zur Zeit des Entstehens sein späteres Gesicht naturgemäß noch nicht zeigen konnte.

    Ken Jebsens Zeit ist hier fast abgelaufen.

  2. „Ab Sonntag wieder live

    Liebe FritzFreunde,

    es wurden in den letzten Tagen sehr viele Gespräche geführt. Ein Ergebnis dieser Gespräche ist: Ken Jebsen wird ab Sonntag wieder senden. Alle Details zu dieser Entscheidung müssen wir für den Moment schuldig bleiben. Wir werden sie morgen nachreichen.

    Stefan Warbeck
    Programmchef Fritz“

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