Das Erdbeben in Chili

Kein Beben, nicht mal eine Erschütterung: Kleists „Das Erdbeben in Chili“ in einer Bearbeitung von Jana Polasek. Schade.

Im Theaterdiscounter.

Die Inszenierung der jungen Regisseurin Jana Polasek setzt im doppelten Sinne ganz auf die Kraft der Erzählung sowohl Kleists als auch ihrer beiden jungen Schauspieler und behauptet gerade damit die Aktualität des Textes. In einer völlig schnörkellosen Inszenierung wird die Geschichte mit einfachsten Mitteln erzählt und entwickelt durch Kleists Sprache und Wortgewalt einen Sog, der immer weiter in die großen Fragestellungen dieser dunklen und brutalen Geschichte hineinzieht.

Zwei junge Liebende sind wegen ihrer verbotenen Liebe zum Tod verurteilt. Am Tag der Vollstreckung wird jedoch die zerstörerische Gewalt der Natur zu der Kraft, die ihnen das Leben rettet: Ein starkes Erdbeben verwüstet die Stadt und reißt unzählige Menschen in den Tod. Das Liebespaar überlebt und findet sich auf den Hügeln vor der Stadt samt dem gemeinsamen Kinde wieder. In einem Taumel von Glück und Dankbarkeit feiern sie gemeinsam mit anderen die Errettung des eigenen Lebens im allgegenwärtigen Chaos. Doch als der Priester auf der Dankesmesse der Überlebenden das Erdbeben als eine Strafe Gottes für begangene Sünden deutet, gerät die Menge außer Kontrolle und rächt das Unglück an dem Liebespaar.

Heinrich von Kleist, der Dichter, „dem auf Erden nicht zu helfen war“, stellt in seiner erschütternden Novelle die Frage nach dem Ausgeliefertsein bzw. der Verwirklichung des Einzelnen gegenüber Natur und Gesellschaft. Und nach dem seltsamen Verhältnis zwischen Glück und Unglück. Sie ist aber auch eine Betrachtung darüber, wie nah das Schönste und das Schreckliche im Menschen beieinander liegen können.
Mit Anina Polasek und Werner Michael Dammann

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