Im Rahmen einer Diskussion über die Rolle von Kunstarbeit bei der Aufwertung von Wohngebieten mit günstigem Wohnraum traf die Ostprinzessin auf Berlin-Mittes Bürgermeister Christian Hanke, Sozialwissenschaftler Andrej Holm, Regine Rapp und Chris de Lutz vom Art Laboratory Berlin, sowie auf ein zahlreich erschienenes, interessiertes Publikum. Als Ort der Diskussion war ganz bewusst eine Galerie der Kolonie Wedding gewählt worden. Der Galerienverbund gilt im Wedding als einer der Hauptakteure bei der Veränderung von Kultur und Image des Soldiner Kiezes.
B-Meister Dr. Christian Hanke (SPD) und Ostprinzessin
Zur Einstimmung auf die Diskussion präsentierte die Ostprinzessin die Gentrification-Satire „Ich bin’s nicht gewesen“. Das Publikum verfolgte den Beitrag aufmerksam und nahm ihn mit einigem Wohlwollen zur Kenntnis.
Und auch der Bürgermeister, dem während des Vortrags einige Lacher entfuhren, klatschte am Ende Beifall. Die Ostprinzessin äußerte sich dazu in gebührender Weise: „Über den Herrn Doktor Bürgermeister lache ich auch immer gern.“
Chris de Lutz, Karin Baumert, Andrej Holm, Christian Hanke, Ostprinzessin
Christian Hanke sorgte mit seiner Äußerung, dass er die Aufwertung begrüße und unbedingt den Mittelstand in den Wedding locken wolle, für einigen Gesprächsstoff. Er wolle sich aber auch für die Idee einsetzen, dass die stadteigenen Wohnungsbaugesellschaften in den betroffenen Gebieten günstigen Wohnraum schaffen und anbieten. Zuvor hatte Gentrification-Kritiker Andrej Holm in einem ausführlichen Beitrag die Mechanismen erklärt, die zunächst zur Aufwertung eines Stadtteils und dann zur Verdrängung großer Teile der Bevölkerung durch Mietsteigerungen führen. In seinem Beitrag beschrieb der Sozialforscher die Schnittstellen von immobilienwirtschaftlicher Aufwertung und Kultur, lenkte den Blick dabei auf die Künstler, stellte Überlegungen für eine aufwertungsneutrale Kunstpraxis an und veranschaulichte einige künstlerische Interventionen in Aufwertungskonflikten.
Regine Rapp und Chris de Lutz, Kreuzberger Galeristen im Weddinger Kiez, kritisierten zwar die kapitalistische Struktur im Allgemeinen und schossen sich auf den Schwur ein, ihre Galerie nichtkommerziell betreiben zu wollen, landeten jedoch mit ihren Gedanken und Antworten regelmäßig neben den Fragestellungen der Diskussion. Auch die Fragen der Subventionierung und der Fördergelder blieben offen. Lieber stellten sie in aller Opulenz ihre derzeitigen und bereits abgeschlossenen Projekte vor. Glücklicherweise zog die Moderatorin und Stadtsoziologin Karin Baumert zwei Repräsentanten von ExRotaprint in die Diskussion, die eloquent auf die sozialen Fragen des Themas einzugehen wussten. Sie stellten ihren Ansatz einer gezügelten Vermarktung des Kunst-Images anhand von Beispielen aus der Praxis dar und beschrieben ihre vielseitigen Erfahrungen in der Begegnung mit Gewerbetreibenden sowie mit der von Armut betroffenen Bevölkerung vor Ort. Mahnend wandten sie sich an ihre Künstlerkollegen, rangen sich aber nicht durch zu einem kritischen Wort gegenüber ihrem politischen Partner aus dem Rathaus.
So blieb die Ostprinzessin, zwischen allen Stühlen sitzend, am Ende ihren nachdenklichen Worten vom Beginn der Veranstaltung treu:
„Ich (…) blicke der Kunst tief hinein in ihre schönen Augen. Ich schaue der Kultur auf ihre Mäuler und lausche jedes wahren Wortes Klang, möge er auch noch so verstimmt sein. Es begeistert mich immer wieder aufs Neue, an der Instrumentalisierung der Kultur, ihrer Macht, ihrem Missbrauch und ihrer Manipulation teilzuhaben.“ Die ganze Satire hier.