Atta Atta Aktion 22

Christoph Schlingensief fährt in der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz  eine ganze Reihe von provokativem Scheiß auf und das ist auch gut so.

Klar ist er der Narr, den sich jeder Hof hält, doch diese Rolle ist nur deshalb so festgefügt, da kaum ein anderer derart mutig und lautstark mit den üblichen, mitunter festgefahrenen Formen des Theaters bricht und ihnen sprachlich wie inszenatorisch allerhand Verstörendes hinzufügt. Gewiss, die dazugehörige Attitüde ist auf ihre Art auch festgefahren, denn niemand entwickelt sich weiter, wenn er nur um sich selbst kreist. Daher: Mehr Schlingensiefs!

Die bezaubernd kühle Irm Hermann stackst in bewährter Manie(r) durch turbulente Szenerie, ein süddeutscher Volksschauspieler verfällt dem sprichwörtlich nackten Wahnsinn und Schlingensief selbst taucht zur Hälfte hin gänzlich ab, was am heutigen Abend allerdings darauf zurückzuführen sei, dass er einen allergischen Schock erleidet, der ursächlich mit der vielen blauen Farbe zu tun haben wird, die er zuvor nicht nur über Bühne und Publikum, sondern auch über eigene, empfindsame Körperteile verteilte.

Atta Atta

Club der letzten Gerechten

Walter van Rossum resümmiert im Roten Salon am Rosa-Luxemburg-Platz über unsere Sonntage mit Sabine Christiansen.

Das ist entlarvend, und gerecht ist es auch – einer Moderatorin und Produzentin gegenüber, die den Ungerechten das Wort redet.

Moderation: Klaus Bittermann

Allsonntäglich entfaltet sich ab 20 Uhr die neue deutsche TV-Dreifaltigkeit: Tagesschau, Tatort, Talk mit Sabine Christiansen. Nach den Mythen der Tagesschau (Staatsmänner, Kriege, Katastrophen, Sport) und den tröstlichen Gewissheiten des Tatorts (Alle haben Dreck am Stecken) sondiert Sabine Christiansen das Gesellschaftsterrain.

In »Meine Sonntage mit ›Sabine Christiansen‹« schreibt Walter van Rossum hellsichtig, intelligent und bitterböse über eine Medienlandschaft, die Politik im eigentlichen Sinne längst zu überwuchern droht.

Club der letzten Gerechten Walter van Rossum Meine Sonntage mit Sabine Christiansen

Im Staate Sozipia

…können alle Menschen glücklich werden, ja sein. Ein wenig Verantwortung aber müssen auch hier Alle dafür übernehmen.

Sozipia Venus Kater vs. Freiheit Wandlitz

Die Einladung

Es interessiert mich nicht, was du tust, um dein Brot zu verdienen. Ich will wissen, wonach du dich sehnst. Und ob du es wagst, dem Verlangen deines Herzens zu begegnen. Es interessiert mich nicht, wie alt du bist. Ich will wissen, ob du es riskierst, wie ein Narr auszusehen, aus Liebe zu deinen Träumen und dem Abenteuer, lebendig zu sein. Es interessiert mich nicht, welche Planeten im Quadrat zu deinem Mond stehen. Ich will wissen, ob du das Zentrum deines eigenen Kummers berührt hast; ob du aufgebrochen bist durch die Enttäuschung des Lebens oder ob du geschrumpft bist und dich verschlossen hast, aus Angst vor weiteren Schmerzen. Ich will wissen, ob du mit Schmerz in Kontakt bleiben kannst, mit meinem oder deinem eigenen, ohne zu versuchen, ihn zu verstecken, zu zerstreuen oder zurechtzubiegen. Ich will wissen, ob du Freude ertragen kannst und Ekstase, ob du zulassen kannst, dass sie dich erfüllen bis in die Fingerspitzen und Zehen, ohne uns zu ermahnen, vorsichtig zu sein, realistisch zu sein und die menschliche Begrenztheit im Auge zu halten. Es interessiert mich nicht, ob die Geschichte, die du mir erzählst, wahr ist. Ich will wissen, ob du jemand anderen enttäuschen kannst, um dir selbst treu zu bleiben; ob du Anschuldigungen, ein Verräter zu sein, ertragen kannst, ohne deine eigene Seele zu verraten. Ich will wissen, ob du dir treu sein kannst und daher vertrauenswürdig. Ich will wissen, ob du Schönheit sehen kannst, selbst wenn sie nicht nett ist jeden Tag. Und ob du dein Leben aus der Gegenwart entspringen lassen kannst. Ich will wissen, ob du mit Versagen leben kannst, deinem und meinem. Und immer noch am Rande eines Sees stehen kannst und rufen: „Das Silber des Mondes! Ja!“ Es interessiert mich nicht, wo du lebst oder wie viel Geld du hast. Ich will wissen, ob du nach einer Nacht des Kummers aufstehen kannst, voller Verzweiflung, zerknirscht und geschunden bis auf die Knochen, und für die Kinder tun kannst, was getan werden muss. Es kümmert mich nicht, wer du bist und wie du in diese Welt gekommen bist. Ich will wissen, ob du mitten im Feuer mit mir stehen wirst ohne zurückzuschrumpfen. Es interessiert mich nicht, wo, was und mit wem du studiert hast. Ich will wissen, was dich von innen heraus aufrecht erhält, wenn alles andere abfällt. Ich will wissen, ob du mit dir selbst allein sein kannst, und ob du dir wirklich gerne Gesellschaft leistest, in jenen leeren Augenblicken.

Oriah Mountain Dreamer