Langeweilespannung in jedem Atom

Ein inszenatorischer Grenzgang: lange Weilen, Einsamsein, hoch verdichtete Fragmente, frappante Finessen – interessant! Im TD, Berlin-Mitte.

< Constant Bliss In Every Atom (bliss: Glückseligkeit) zu spüren, stellt ein Lebensprojekt dar, dessen Unmöglichkeit uns allen angesichts unserer bisherigen Erfahrungen auf diesem Planeten ebenso selbstverständlich erscheint wie die mit nichts zu vergleichende Attraktivität seines Gelingens. Der US-amerikanische Autor David Foster Wallace hat, bevor er sich im Jahr 2008 von schweren Depressionen zerrüttet das Leben nahm, in seinem Fragment gebliebenen letzten Roman The Pale King eine Figur erschaffen, die uns provoziert, da sie genau dieses Projekt erfolgreich lebt. Das Beunruhigende an dieser Figur ist, dass ihre konstante Glückseligkeit gewissermaßen auf dem Friedhof all unserer westlichen Lebensgewohnheiten und Glücksvorstellungen wächst. Shane Drinion ist, von außen betrachtet, einsam. Er ist, von außen betrachtet, maybe the dullest human being currently alive. Er ist nicht attraktiv.

Er ist radikal unscheinbar, beinahe ein Nichts. Er ist zuhause in der Langeweile und hat dort, unbemerkt von allen, ein Königreich der Lebensfreude errichtet. Er hat für sich, im selbstgewählten Abseits, all die Probleme gelöst, mit denen sein Erfinder sich in seinem letzten Lebensjahrzehnt denkend und schreibend herumgeschlagen hat: Wie kann man das Erwachsenenleben mit all seinen Frustrationen und Routinen aushalten? Wie die Einsamkeit bekämpfen? Wie kann man, um Himmels willen, andere Menschen oder sogar sich selbst wirklich lieben?

Die Erkenntnisse, die der Autor aus diesem Kampf getragen hat, den er als Mensch am Ende nicht gewinnen konnte, haben wir zum Gegenstand unserer Probenarbeit gemacht — und uns nach seinem Helden Shane Drinion benannt. Was auf der Bühne zu sehen sein wird, ist nicht eine Eins-zu-Eins-Aufführung von Wallace’ Texten. Es ist das Ergebnis unserer Lektüre davon. Es ist der Versuch, eine neue Art zu finden, literarische Texte auf die Bühne, sprich in ein anderes Medium, zu bringen, indem man sie nicht auf der Bühne wiederholt, sondern sie durch sich hindurchgehen lässt und sie dann selber, mit dem Körper und der eigenen Sprache, erneut schreibt, überschreibt und dadurch etwas Neues, Drittes erschafft. > Shane Drinion

Metamorphusion!

Ein überraschend kurzweiliges Konzert im stattlichen Rittersaal der O-Kirche, Berlin-Samoastraße, mit verblüffenden Klangspielen und außergewöhnlicher Instrumentierung, zukunftsweisend und durchweg hirn-herz-seelenvereint, virtuos erlöst in ebenso prähöllischer wie posthimmlischer Offenbarung.

„Stilistisch ist anzumerken, dass sich das aya X tryo von der radikalen Freestyle-Idee fortentwickelt hat, es finden durchaus recht melodische, aber auch schräge Motive, groovige Ostinatobässe, sowie strukturierte rhythmische Passagen Eingang in die Melange temporärer Fusionmusik, die sich zwischen Spacerock (doch auch noch!), Ambient & rhythmisch temperamentvollem Nu Jaz bewegt. Für die einzelnen Kompositionen, die zum Teil suiten-ähnlich in einander übergehen, zeichnen alle vier gleichberechtigt. Ein spannend-entspannendes Konzert-Erlebnis ist mit Sicherheit garantiert, wenn das Publikum denn bereit ist, sich auf die permanent changierenden Klangschaften einzulassen und den musikalischen Metamorphosen zu folgen…“ Artus Unival

Hartwig Nickola: E-Kontrabass & Loops
Marten Muehlenstein: Saxes, MikroTheremin, Noseflute & Sounds
Artus Unival: Ayatar-Gitarre, Percussion & Spheres
Masaya Hijikata: Drums