Der Kreis schließt sich – wir sind draußen

Wir bleiben alle – der Kapitalismus geht?

Für die einst in kapitalistischer Blütezeit, der sogenannten Gründerzeit, errichteten Mietwohnhäuser des Ostens, die dann u. a. mindestens eine Weltwirtschaftskrise, zwei Weltkriege und einen Kalten Krieg überstanden, dabei vom real existierenden Staatspartei-Sozialismus zunächst materiell und dann vom real existierenden Parteiendemokratie-Kapitalismus sozial und ideell zugrunde gerichtet wurden, schließt sich ein Kreis. Sie werden seit knapp 20 Jahren ihrer eigentlichen Bestimmung übergeben: Der totalen Verwertung, der Rendite – jener Kunst, die aus Geld abermals Geld macht, um dann aus mehr Geld noch mehr Geld zu machen.

Die zugehörigen Prozesse tragen Namen wie Gentrifizierung und Verdrängungssanierung. In Prenzlauer Berg, genauso wie in Mitte und in Friedrichshain, haben sich nur wenige Häuser der Verwertungslogik entziehen lassen. Manche ereilt ihr kapitalistisches Schicksal spät, aber nicht weniger ungerecht und sozial, kulturell, städtebaulich, ja selbst touristisch verwerflich.

Ein Mieterkollektiv aus dem Herzen des Prenzlauer Berg zeigt nun für alle Flagge. Seit fünf Jahren gehe oder fahre ich an diesem relativ typischen Berliner Mietshaus fast täglich vorbei, schaue und bestaune, denke darüber nach, warum es etwas interessanter, echter, irgendwie beseelter aussieht. Hoffen wir, dass das Kollektiv Recht behält:

Wir bleiben alle!

Unser Haus im Helmholtz-Kiez wurde 2007 von der Profi Partner AG gekauft und soll nun totalsaniert und in Eigentumswohnungen aufgeteilt werden. Uns Mietern droht die Verdrängung und die Vernichtung unserer eigenen Sanierungsleistung. Dagegen wehren wir uns gemeinsam: Wir bleiben alle!

Wir freuen uns über Solidarität und Unterstützung, etwa durch Informationen zu Mieterrechten, zu Erfahrungen mit der Firma Profi Partner und ihren Untergesellschaften (GrundStein, REV, etc.) oder mit anderen Umwandlungssanierern.

Mieterkollektiv Göhrener Str. 1, Senefelderstr. 30-30a Wir bleiben alle

Rosa Rose rabiat rausgerissen

Der Nachbarschaftsgarten Rosa Rose in Friedrichshain wurde geräumt und verwüstet.

Verhaftungen, Schläge und Pfefferspray waren der Polizei recht und billig, um das Profitinteresse des Eigentümers gegenüber dem Gemeinwohl zu verteidigen. 30 uniformierte Staatsgewaltige trafen auf 30 Gärtner_innen. Den Zusammenstoß und das Drumherum dokumentiert hat die Aktionskünstlerin Ute Donner vom Palast der Liebe:

Video von der Räumung

Bereits am 27.02. hatten die duften Gärtner_innen im Bezirksparlament protestiert. Dort sahen sich die geneigten Bezirksverordneten von den GRÜNEN, der Die Linke und der SPD allerdings – abgesehen von blumigen Sonntagsreden-Resolutionen – nicht in der Lage, etwas zum Erhalt der Rosa Rose beizutragen.

Rosa Rosen im Bezirksparlament

Zwischen dunkler Seele & Stammtisch-Lüsternheit

In diesem Spannungsfeld lebt und wirkt Jan Weidner. Jan Weidner schreibt. Was er schreibt, das sitzt genauestens – ohne die Luft zu verlieren, die ein derart umsorgtes, niedergeschriebenes Wort zum Leben braucht. Zudem ist Jan Weidner ein wirklich ausgezeichneter Interpret seiner eigenen Texte!

So hofft man also, diesen schwarz behüteten, zu allerlei lakonischen Bemerkungen bereiten und einen abweisenden Charme versprühenden Mann öfter einmal in genau diesem, seinem Metier erleben zu können.

Jan Weidner zeichnet seine geistigen Ergüsse mit kompromissloser Ehrlichkeit, assoziativ und eher passgenau denn abstrakt. Gern zeigen seine Illustrationen diverse Geschlechtsmerkmale und – medial ungewohnte, aber nicht unbekannte – Perspektiven zu Posen, Zusammenhängen und Körperteilen.

Die Ausstellung:

La Nouvelle Justine et Juliette im Zuckerstudio Waldbrunn
kulturinventur, Buchstraße 1, Wedding.

Jan Weidner, Zuckerstudio Waldbrunn Zeichnung von Jan Weidner Der Kleine Tod

Bethanien: Haus der Bewegungen

Zur Nachahmung empfohlen: „Besetzen lohnt sich wieder!“

Man kann Jens nur beherzt zustimmen, wenn man die NewYorck im Bethanien tatsächlich kennt. Und natürlich darf und soll man wissen, was im Hause vor sich geht. Viele wissen es ja auch, denn das Haus ist gut besucht und immer wieder kommen neu Interessierte, aus der Nachbarschaft und von überall, aus der Welt.

Die Arbeit, die im besetzten Teil des Bethanien gemacht wird, ist in jeder Hinsicht unbezahlt und unbezahlbar, und sie ist sehr vehement dem Gemeinwohl – genauso wie den bunten Subkulturen – gewidmet. Die Besetzer hatten zwar schon von Anfang an Mietzahlungen angeboten, was der Bezirk aber stets ausschlug. ich aber hoffe dennoch, dass die Arbeit nun nicht unter der künftigen Miethöhe leiden muss. Es treffen sich dort täglich viele Menschen, u. a. im Zusammenhang mit Stadtumstrukturierungen und Privatisierungen, zum Thema Rassismus, zum Thema Widerstand vor Ort und zu weltweiten Kampagnen, gegen Armut und zu sozialen Fragen in Berlin. Das Veranstaltungsprogramm ist übervoll, the new old space of movements platzt aus allen Nähten.

Es wird Kunst gemacht, Musik, Film und jede Art von Politik. Außerdem ist das Haus eine Anlaufstelle für in Not geratene Menschen. Die Atmosphäre ist ausgesprochen offen und entspannt. Wohl auch deshalb ist der besetzte Teil des Bethanien ein Ort, den insbesondere auch viele queere Menschen aufsuchen.

Die Ostprinzessin äußerte sich gegenüber den NewYorckNews: „Die guten Seelen des Hauses haben mir mit ihrer Menschlichkeit und Leidenschaft schon so manches Mal Tränen des Glücks abverlangt. Ja, das Besetzen hat sich gelohnt. Nachahmungen sind selbstredend erwünscht und gut für uns alle. Auch für diejenigen Menschen, die aufgehetzt gegen diese hoffnungsvollen Entwicklungen polemisieren, ohne je in die Verlegenheit gekommen zu sein, dort persönliche Erfahrungen gemacht zu haben. Also kommt ihr und kommen Sie einfach mal auf einen Besuch vorbei und mischt euch und mischen Sie sich ein in die Politik!“

rbb-Abendschau:

„Hausbesetzungen haben in Kreuzberg eine lange Tradition. Beispielhaft dafür ist das Bethanienhaus. Bereits 1971 besetzten 50 Jugendliche den Südflügel, ehemals war darin das Schwesternwohnheim Martha-Maria-Haus untergebracht. Die Besetzer benannten es in Georg von Rauch-Haus um. Zwei Jahre nach der Besetzung richtete der Senat im Hauptgebäude das Künstlerhaus Bethanien ein. Bis heute arbeiten dort internationale Künstler in Ateliers; es gibt Galerieräume, eine Druckerwerkstatt und eine Musikschule. Diese erfolgreiche Besetzung fand zuletzt im Juni 2005 Nachahmer.

Die Bewohner des Hauses Yorckstr. 59 besetzten den Südflügel des Bethaniens und nennen ihn seitdem New Yorck 59. Letzten Mittwoch beschloss die Bezirksverordnetenversammlung auf Vorschlag des Bezirksbürgermeisters Franz Schulz, das Bethanienhaus von einer Treuhand verwalten zu lassen. Die Besetzer sollen legale Bewohner werden und Mietverträge erhalten. Vorgesehen ist ein Mietzins in Höhe von 5,60 Euro pro Quatratmeter.

Damit sind zwar nicht alle Konflikte aus der Welt geschafft; denn das Künstlerhaus und die Druckwerkstatt lehnen eine Zusammenarbeit mit den Besetzern ab. Sie wollen autonom bleiben und sich nicht von einer Künstlergenossenschaft in ihre Arbeit hineinreden lassen. Doch die Besetzer sehen im BVV-Beschluss dennoch einen Erfolg zu ihren Gunsten. ‚Besetzen lohnt sich wieder‘, sagt ein Bewohner der Abendschau und hofft auf Nachahmer.“

Und hier die Links:

Abendschau-Beitrag von Kemal Hür: Künstlerhaus Bethanien gerettet
Interview mit einem Besetzer, im AbendschauBlog

Winke winke Mediaspree

Winke winke Mediaspree

Dazu ein aktueller Artikel über Initiative & Begehr und die enorme Resonanz.

Die Ostprinzessin äußerte sich gegenüber dem Magazin MediaMonopol : „Ich habe in den vergangenen Monaten mit hunderten Menschen über das Mediaspree-Projekt gesprochen. Besonders im Osten, am Boxhagener Platz, ist die Wut groß. Die vielen Stunden in der Kälte haben zwar einiges mir abverlangt, aber an manchen Tagen war dort alles wundervoll und inspirierend: die Gespräche, die Musik, das Wetter!“