Verrevoluzzt: Post vom Bezirksparlament

Schief gewickelt, leidlich politisch korrekt und…

BVV-Weihnachts- und Neujahrspost

Sehr geehrter Herr Princess,

das zu Ende gehende Jahr 2008 und die bevorstehenden
Feiertage regen uns an, auf die Ereignisse des Jahres zu
schauen und den Blick auf das kommende Jahr zu richten.

Als Kommunalpolitikerin möchte Ich in diesem Jahr
Ihren Blick auf die vielen Menschen lenken, die sich in
Vereinen, Verbänden und Organisationen engagieren.
Mein besonderer Dank gilt vor allem Ihnen, die sich für
ihre Mitmenschen und ihre Umgebung für Gemeinsinn,
Solidarität und Hilfsbereitschaft einsetzen, sei es im
sozialen, kirchlichen, kulturellen oder anderen Bereich.
Mit Ihrem Engagement tragen Sie wesentlich dazu bei,
die Zukunft unseres Bezirkes positiv zu gestalten.

Im Namen aller Bezirksverordneten der BVV
Friedrichshain-Kreuzberg wünsche ich Ihnen ein
Weihnachtsfest, dass Sie so verbringen mögen, wie es
Ihrem Geschmack und Ihrer kulturellen Tradition
entspricht,
Gesundheit, Glück und Erfolg im privaten und beruflichen
Bereich für einen guten Start in das Jahr 2009.

Ihre
Marianne Burkert-Eulitz
Vorsteherin der Bezirksverordnetenversammlung
Friedrichshain-Kreuzberg

Is‘ mir schnuppe!

*schnuppe - Zeitschrift für A in B - Format 7 *schnuppe - Zeitschrift für A in B - Format 7 *schnuppe - Zeitschrift für A in B - Format 7 *schnuppe - Zeitschrift für A in B - Format 7 

*schnuppe – Format 7: Koryphäe

20 Seiten über Albträume, Bären & Birnen, Erklärungen, Heimat, Protest, Träume, Unbehagen, Unbekanntes, Unerklärliches, Unmut, Unterwerfung, Unvernunft und Widerstand, sowie: Das Beste. Mit vielerlei Delikatessen, rotem Faden, heiligem Geist, einer Möwe, einer Senatorin, meinem Hofnarr, Jesus und der Energiewende.

Wie immer gratis erhältlich.

Bestellen per E-Mail: ep(at)ostprinzessin.de, oder an einer der Auslagestellen abholen, u. a.

im Wedding: kulturinventur, Buchstr. 1/Nordufer
in Kreuzberg: NewYorck im Bethanien, Mariannenplatz 2
im Prenzlauer Berg: Café Morgenrot, Kastanienallee 85
in Mitte: Ackerkeller, Bergstr. 68

Was andere über die *schnuppe sagen: Gut & günstig

Kein Schloss in meinem Namen!

Gemeinsam mit Bekannten aus dem vor drei Jahren gegründeten Palastbündnis, das einige Monate lang mit spektakulären Aktionen (nicht nur) Berlin in Atem hielt, hat der Mitbegründer und Erfinder der Plattform ABRISSBERLIN eine neue Plattform ins Leben gerufen: Kein Schloss in meinem Namen!

Und wir alle können mitmachen.

Nach der albtraumhaften Entscheidung für den Wiederaufbau des Berliner Schlosses bzw. für den Bau des Humboldtforums droht uns nun die tatsächliche Realisierung des Vorhabens. Doch die geplante, einer nationalen „Identitätsstiftung“ dienende Schlosskopie ruft seit vielen Jahren heftigen Widerspruch hervor. Im Namen der Geschichte wird Geschichte zerstört und verdrängt. Die Öffentlichkeit wird immer wieder aufs Neue über Zeitplan, Kosten und Finanzierung belogen und getäuscht, um das umstrittene Vorhaben einer berechtigten Kritik zu entziehen.

Wir können unser Nichteinverständnis geben: Hier!

Weitere Informationen zum Thema: www.schlossdebatte.de

Wenn Stadtentwicklung fassungslos macht

Ein Lachkrampf zwischen Havelspitze und Haselhorst

Prenzlauer Berg, gestern Nacht. Um 0.06 Uhr steigen ich und die andere Person in die S-Bahn nach Jungfernheide. Weiterfahrt mit der U-Bahn. Das Ziel: Haselhorst. Hier wurde zwischen 1930 und 1935 die sogenannte Reichsforschungssiedlung Haselhorst angelegt und 1963 wurde hier der bekannte Travestiekünstler Ades Zabel geboren. Durch das nachtschlafene Haselhorst gehend, vorbei an frühem sozialen Wohnungsbau, eine Einfamilienhaussiedlung – mit Garagenhöfen aus verschiedenen Jahrzehnten – passierend, gelangen wir über einen finsteren Pfad auf eine Straße, die direkt zur wundervollen Spandauer-See-Brücke führt.

Die kurz vor ihr auf einem Baufeld linear hintereinander gereihten Ketten sogenannter Townhouses lassen wir weitgehend unbeachtet rechts liegen. Wir gehen die Brücke hinauf und genießen die Atmosphäre. „Da gibt es doch nichts“, sagt die andere Person, als ich bereits auf die andere Seite laufe, hinein ins hingeklotzte Neubaughetto Wasserstadt. Eigentlich ist diese Lage an der Havel vortrefflich. Doch die Wasserstadt – gebaut seit den 90er Jahren – ist nicht geworden, was sie werden sollte. In der Abflugschneise vom Flughafen Tegel gelegen und ohne Anbindung an das U- und S-Bahn-Netz, hat dieses Neubaugebiet, das im Stile eines phantasielosen sozialen Wohnungsbaus – in großen Block-Formationen – errichtet wurde, von Anfang an vor Allem Menschen angezogen, die auf dem Wohnungsmarkt keine großen Sprünge machen können.

Gleich vorn am Eck findet sich der Jugendtreff Havelspitze. In der Nähe stehen ein paar Jugendliche und quatschen. Wir gehen weiter, hinein in die Neubauwüste. Eine Bushaltestelle bietet den ersehnten Nachtverkehr gen U-Bahnhof. In 15 Minuten wird ein Bus kommen, so lesen wir es auf dem Plan. In der Zwischenzeit pendeln wir zwischen Haarstudios, Havelufern und dem Innenhof eines der großen Blöcke, die durch einen Aufgang von der Straße aus erreichbar sind. Hier zu leben, das mag hart sein, aber für ein paar tausend Menschen ist es Realität. Von den Fassaden grüßen viele Satellitenschüsseln. Hier ist nicht Kreuzberg SO36. Street Life ist hier ein seltenes Phänomen. Und wo kein Street Life stattfindet, gerade dort muss man sich die große, weite Welt per Schüssel ins Wohnzimmer holen.

Wir gehen zurück zur Bushalte. Während der restlichen Wartezeit beginne ich damit, ein wenig zu spötteln: Ja der Busfahrer wird sich wundern, dass in dieser urbanen Öde überhaupt Leute einsteigen! Ja er wäre sicher froh, wenn er einfach weiterfahren könnte! Und dann plötzlich: Ein VW-Kleinbus hält am Wartehaus, „Berlin-Taxi“ steht außen dran. Ich wende mich ab. Keinesfalls werde ich jetzt ein Taxi besteigen, wenn doch gleich der Bus kommt! Aber die andere Person fragt durch das hinuntergelassene Fenster der Beifahrerseite hindurch: „Sind Sie der Bus?“ Und ja, er ist es! Die andere Person öffnet die Seitentür und steigt ein. Ich folge fassungslos. „Die Tür ist nicht richtig zu“, sagt der Fahrer. Beim dritten Mal dann klappt es. Sieben Plätze, Anschnallgurte – wo nur bin ich hier gelandet? Werden wir gerade entführt? Aber wohin – und warum?

Das Fahrzeug ist bereits unterwegs und quert die Seebrücke. Ich ringe nach Fassung und auch die andere Person sitzt fassungslos auf ihrem Platz neben mir. Abgewetzte Polster und schmutzige Scheiben mit Voerhängen. Vorhänge wie im Flugzeug. Die andere Person spricht nun wie paralysiert aus, was ich noch gar nicht fassen kann: „Ich fühle mich gerade wie in einer anderen Welt!“ Unzählige Male schon hat die andere Person mir davon berichtet, wie sie sich in ihrer eigenen Welt, in ihrem „Space“ fühle. Verstehen konnte ich dieses Gefühl zwar immer, nachvollziehen jedoch meistens nicht. Aber diese Momente lassen sie mich fühlen: Eine andere Welt. Eine real existierende, andere Welt.

Abwechselnd, dann gleichzeitig, geraten wir ins Lachen. Jeglicher Unterdrückungsversuch schlägt ins Gegenteil um. Aus den Autolautsprechern erklingt nun ein Lied: „I would give everything I own, give up my life, my heart, my home“, von Boy George im Jahre 1987 aufgenommen. Nun gibt es für mich gar kein Halten mehr. Ich lege die Hände vor mein Gesicht, um dem Fahrer, der mich gewiss während der ganzen Zeit gut im Blick hat, meine Fassungslosigkeit nicht allzu deutlich zu offenbaren. Niemandem aber sei empfohlen, hysterische Lachkrämpfe, unter denen man sich zu biegen und nach Luft zu schnappen beginnt, allen Ernstes unterbinden zu wollen. Es schießt unweigerlich aus einem heraus! Auch das aufgebügelte, fliegende Stoffflugzeug auf meiner mit einem Interflug-Schriftzug versehenen Tasche, springt mir nun ins Auge und sorgt ohne Gnade für neue Lachsalven. Sämtliche Anläufe, wieder Fassung zu gewinnen, enden an der jeweils nächsten Gabelung meiner Gedanken.

„I don’t know why, just don’t know why“, singt Boy George. Beim Blick aus dem Fenster versuche ich, mir das Haselhorst vorzustellen, in dem Ades Zabels Kunstfigur Karin Hoehne Grundschullehrerin gewesen ist. Karin Hoehne unterrichtet die Fächer Deutsch, Werken und Tuschen. Unweigerlich stelle ich mir nun diese Person neben uns als Buspassagierin vor. Oder andere Passagiere. Vielleicht mag es ja welche geben, die es für die natürlichste Sache der Welt halten, um halb zwei Uhr nachts durch Haselhorst gefahren zu werden, von einem öffentlichen Kleinbus mit Flugzeugfenstervorhängen und herrlich tuntiger Spreeradio-Eighties-Musik. Auf dem weiten Weg zur Endstation hält der Wagen an keiner der Haltestellen und kein einziger Passagier steigt zu. Unsere Fahrscheine, so bemerkt die andere Person, hat der Busfahrer gar nicht sehen wollen. Am Ende dann ein persönlicher Abschied: Ciao! „I would give everything I own, Just to have you back again.“

Mit herzlichem Dank an Boy George.

Erste Townhouses (Mitte 2004) Blick nach Spandau Blick zur Wasserstadtbrücke Spandauer-See-Brücke Abflug...

Wen interessieren eigentlich CarLofts?

Die sogenannten CarLofts in Kreuzbergs Reichenberger Straße sind ein Kristallisationspunkt der Auseinandersetzung über Aufwertung, Verdrängung und steigende Mieten. „Zusammen mit Professor Zec fahren wir im Auto einen Car Lift hoch und genießen die tollen Ausblicke aus den Lofts über Berlin.“

Aber zunächst wollen wir noch auf dem Boden bleiben, auf der Straße vielmehr:
Am Samstag demonstrierten in einem bunten Protestzug über 1.000 Menschen gegen diese Entwicklung. Auch die Abendschau berichtete – kurz. Unter den (vorübergehend) Demonstrierenden fand sich Bezirksbürgermeister Franz Schulz, der sich – raffiniert wie so oft – an die Spitze der von unten organisierten Bewegung setzte und im Vorfeld einen Offenen Brief an den Berliner Senat formulierte, in welchem er den Befürchtungen der Demonstrierenden Recht gibt und u. a. neue Obergrenzen bei Mieterhöhungen einfordert. Das Medienecho hierfür war überall in der Stadt vernehmbar. Geradezu paradox aber mutet es an, dass Schulz auf der anderen Seite immer noch einer der Hauptverfechter der Mediaspree-Planungen ist und nicht nur offen Politik gegen die alternativen, linken und autonomen Bewegungen betreibt, sondern auch gegen die erfolgreichen Bürgerbegehren Spreeufer für Alle und  Bethanien für Alle, welche er und seine grüne Fraktion – in freundlicher Kooperation mit der „Die Linke“ und der SPD – stets mit Inbrunst torpedieren und auszumanövrieren suchen. Mittlerweile nehmen die „Grünen“ neben dem Slogan „Spreeufer für Alle“ auch eine gewisse Deutungshoheit für sich in Anspruch, während die im Bürgerentscheid erfolgreichen – aber unerfüllten – Forderungen der Initiative im Sonderausschuss zurechtgestutzt werden sollen. Während die „Die Linke“ weitestgehend abtaucht und die SPD weiter Politik für exklusives Wohnen betreibt, streuen die „Grünen“ mittels sogenannter Spree-Infos ihrer – hoffentlich nicht allzu blauäugigen – Klientel geflissentlich Sand in die Augen. Wahrheitsgehalt: Gering.

Dies ist der frustrierende, Wut befördernde Rahmen, in dem nun auch der direkte Protest gegen steigende Mieten und die Verdrängung ärmerer Bevölkerungsteile heranwächst. Immer mehr Menschen in Kreuzberg und anderen innenstadtnahen Bezirken können sich ihre Wohnung  nicht mehr leisten und müssen wegziehen. „Anders steht es da um Professor Peter Zec und seine Familie. Denn Geld spielt keine Rolle. Erst vor kurzem hat die Familie entschlossen, ihren neuen Wohnsitz nach Berlin zu verlagern. Bei der Wohnungssuche legen Peter Zec und seine Frau Jana vor allem Wert darauf, eine Wohnung nach den eigenen individuellen Vorstellungen und Wünschen gestalten zu können. Doch auch dies ist nicht so einfach.“

Wer sind eigentlich die Menschen, die in ein CarLoft ziehen möchten?

Während „Linke“ und „Grüne“ in Bezirk und Senat – gegen die interessen der eigenen Klientel(?) – die Hand über Wohnprojekte dieser Couleur halten, denken die potentiellen Käufer längst über die Veränderung der Umgebung ihrer künftigen Heimstatt nach. Über einen von ihnen konnte man neulich beim Zappen stolpern: Peter Zec, Professor für Wirtschaftskommunikation und Initiator des red hot design award. Für viele Menschen, die sich ihre Wohnung nicht mehr leisten können, gerät der Kampf ums Bleibendürfen und die oftmals darauffolgende Wohnungssuche zum bitteren Abenteuer, für Menschen wie Peter Zec jedoch ist das „Abenteuer Wohnungssuche“ ein solch heiteres, dass sie es stolz  von einem TV-Magazin dokumentieren lassen: Während seine Gattin die Vorzüge des CarLofts für die Sicherheit ihrer Kinder beim Einsteigen in das familieneigene Luxusauto preist, spricht Peter Zec von der (vermuteten) Notwendigkeit, die Karosse besser nicht an der Straße zu parken. Und während ein Blick auf den Fernsehturm für ihn in jedem Fall zum Wohnkomfort dazugehört, kommen im Angesichte schmuckloser Fassaden in der Nachbarschaft einige Zweifel auf: Das sei ja „richtig Berlin“. Selbtredend zweifelt er nicht an der Richtigkeit seines eigenen Begehrs, sondern an der jener wild-verlottert wohnenden Kreuzberger, deren Nachbar er künftig sein würde. Daher regt er an, mit den Hausbesitzern zu reden, damit diese doch bitte ihre Fassaden aufhübschen mögen. Schließlich müssten sie ja ein Einsehen haben und sich den „neuen Gegebenheiten anpassen“.

Etwa 1.000 Menschen standen am Samstag – nebst 4 Abriss Activists – etwa 100 Meter von den CarLofts, die durch Hundertschaften der Polizei abgeschirmt wurden, entfernt und sie alle schienen zu meinen: Wir haben kein Einsehen und wir wollen uns nicht anpassen!

Transparent Oranienstraße Demonstrationszug Oranienstraße Demonstrantin mit (brennendem) Haus auf dem Kopf Wildwachsender Protest in Kreuzberg Ostprinzessin beim Fotografieren fotografiert - Umbruch-Bildarchiv