Bravo zum Quadrat! Durchweg überzeugende Schauspiel-Performance über die Selbstermächtigung, zu schweigen oder zu reden. So kann, so darf, so muss man’s machen, wenn man’s so machen will.
Performance über Bartleby (nach Herman Melville)
Bartleby ist nicht zu fassen. Der Angestellte an der New Yorker Wall Street verweigert sich: „Ich möchte lieber nicht“, erwidert er höflich auf alle Fragen und Aufforderungen seiner Arbeitswelt und löst damit eine große Irritation aus. Die Absurdität der Welt wird auf einmal offensichtlich.
Herman Melvilles Erzählung Bartleby der Schreiber erschien 1853 und gilt vielen als Beginn der modernen Literatur. Sie ist noch heute aktuell, aber vielleicht notwendiger als je zuvor: Während sich Bartleby zu Beginn seiner Tätigkeit als Schreiber in einer Kanzlei noch in fieberhafte Geschäftigkeit stürzt, legt er schon bald seine Arbeit nieder. Die Figur Bartleby beschreibt sich selbst als NICHTS BESONDERES und ist aber alles andere als das. In seiner bestimmten Freundlichkeit wirkt er weder anarchistisch noch autistisch. Mit seinem Nicht-Handeln stellt er jede andere Handlung in seiner Umgebung in Frage.
Eine Darstellung des Nichts ist ein Widerspruch in sich. Wie lässt sich Nicht-Handeln auf der Bühne erzählen? NICHTS setzt sich diesem Widerspruch aus, indem es Vermeidungsstrategien einerseits und zum andern die Frage nach deren politischen Konsequenzen untersucht. Eine Performance über Bartleby kann immer nur die Annäherung an ein Thema beschreiben, das sich permanent zu entziehen versucht und das der Performer eigentlich LIEBER NICHT erzählen möchte: Er zieht es vor zu schweigen. Umgeben von diversen Kopien der Erzählung spürt er dem Dasein des Kopisten eher nach, als dass er es personifiziert. Müssen, können, wollen, dürfen, sollen – daraus wird ein Sturzbach. Dann: Stille.
Konzept, Performance: Thomas Stang. Konzept, Regie, Produktion: Jochen Strodthoff.
Gesehen im Theaterdiscounter.