No Time For Revolution

Im Theaterdiscounter. In „No Time For Revolution“ verstrickt Heiko Senst sich und das Publikum nach und nach in eine sinnliche wie übersinnliche Gedankenoffensive gegen den Unsinn von Privateigentum und entfremdender Arbeit, frei nach dem Motto: Die Würde des Menschen ist unfassbar.

Ein Stück für und gegen Alle, die keine anderen Gedanken als die Gedanken der Anderen denken. Eine Anklage der dauerhaften Ebbe in Phantasie und Geldbeutel. Eine gut begründete Attacke gegen die Demokratie – die Niederwerfung des Volkes durch das Volk, für das Volk; kurzum: Eine ausgesprochene Unverschämtheit.

„Es wird natürlich der Einwand erfolgen, dass ein solcher Entwurf, wie er hier dargelegt ist, unausführbar bleibt und der menschlichen Natur widerspricht. Das ist völlig richtig. Er ist unausführbar und widerspricht der menschlichen Natur. Und eben deshalb ist er es wert, verwirklicht zu werden, deshalb wird er vorgeschlagen.“

Die Performance liest den Stoff wie eine prophetische Prognose voller paradoxer Gedankenwendungen, die den Menschen als handelndes Wesen durchleuchten. Auf der Suche nach den Bedingungen, in denen sich der Mensch frei, vollkommen und ungezwungen zu entfalten vermag, verstricken Senst und Paasonen ihr Publikum in unbekannte Ideen, verknoten sich in alte Gedanken.

Wie viel Zeit bleibt für Revolution? Wie vergangen sind unsere Zukunftsvisionen?

Ein Stück voll abhängiger Autonomie, unkoordinierter Kooperation und antiradikalem Individualismus. Der Ausdruck der vollkommenen Persönlichkeit ist nicht Empörung, sondern Ruhe, hat auch schon Oscar Wilde gesagt.

Eine Handarbeitsperformance nach „Die Seele des Menschen im Sozialismus“ (1891) von Oscar Wilde

Zeichen setzen: Ja sagen

Sonntag, 13.02. – Volksentscheid: Wir wollen unser Wasser zurück!

Ins Wahllokal gehen und JA ankreuzen: das ist, was du für dich, deinen Geldbeutel und in Verantwortung für deine Mitmenschen tun kannst, also tu’s! Übernimm dieses kleine Stück Verantwortung und sag damit auch, dass du es gut findest, dass die Leute in den parteienunabhängigen Initiativen ihre Zeit und Kraft dafür geben, sich für eine gerechtere Gegenwart einzusetzen.

In Berlin ist das Wasser so teuer wie nirgendwo sonst. Das liegt in erster Linie daran, dass der Senat die Wasserbetriebe teilverkauft hat und den Konzernen RWE und Veolia in sittenwidrigen Geheimverträgen satte Gewinne garantiert.

Bereits 2007 haben wir damit begonnen, Unterschriften zu sammeln, um ein Volksbegehren anzuschieben. Ich erinnere mich gut, wie wir dafür Tag um Tag, Woche für Woche durch die Stadt gezogen sind. Wir haben viele dankbare Menschen getroffen, unser Bündnis erweitert, unsere Übersichtsplattform zum Thema Privatisierung – unverkäuflich – gefüttert, Veranstaltungen organisiert, Interviews gegeben und unzählige Artikel geschrieben.

Nachdem wir die erste Stufe mit den notwendigen 20.000 Unterschriften erreicht hatten, folgte die zweite, in der 281.000 (!) Menschen ihr Ja-Wort gaben. Deshalb wird jetzt, vier Jahre später, in einem Volksentscheid abgestimmt, und es kommt tatsächlich auf jeden Einzelnen an, denn in vielen Medien wird das Thema weithin totgeschwiegen. Die öffentlich-rechtlichen Medien berichten deutlich leiser als bei früheren Volksbegehren. Woran das liegen mag, bleibt politischer Spekulation überlassen.

Das Ergebnis ist bindend, also los! Sonntag, 13.02.: Ja sagen!
Mehr Infos hier: Berliner Wassertisch

Ihre und Eure

Ostprinzessin

„Normal ist das nicht mehr!!!“

Kein Recht auf Hiersein?“, fragt meine Freundin Alexa Kaufhof. Dem Bürgermeister von Berlin ist das egal, die Kandidatin Renate Künast findet’s okay und die Protagonisten der „Die Linke“ schweigen auffallend laut. Taubstumme Analphabeten können dagegen geradezu als eloquent gelten.

Andreas Meincke, der parteilose Bürgermeister des uckermärkischen Tantow, wittert „bekloppte Autonome“ und erklärt mir, was ich wissen sollte, leider jedoch nicht das, was ich wissen wollte. Andreas Schwarze, sein linker Vize, hält das Ganze zwar für „politisch ein Stück weit gewollt“ und „irgendwo traurig“, aber lässt sich dann einfach wegtragen, wie es uns R. Bernstein in einem hervorragenden Kommentar genauer erläutert. „Sich wegtragen lassen bedeutet genau das: Nämlich, dass man sich wegtragen lässt.“

Und während die Wellen aus der Berliner Liebigstraße dank der exakt recherchierten Lügen des Tagesspiegel bis in die Uckermark schwappen, versinken die letzten bunten Inseln in den Fluten real existierender Normalität.

Ihre und Eure

Ostprinzessin

Verkasselt: Katja von

„CYBER CHANSON mit Katja von Kassel – die Londoner Clubkönigin – 1930 meets the future (…). Glamour, Gefahr und zehrende Leidenschaft entfachen das große Elektro-Drama. Wo Oper, Cabaret und Torch Songs sich kreuzen, entsteht ein Erdbeben der Sinne. Eine Vision von Dietrich und Dali, hypnotisierend, eingebunden in DiscoBeats. Willkommen in der Welt von Katja von Kassel!“

Der Plot ist simpel: Nettes Mädchen von nebenan dichtet sich ein paar herzige Liedtexte, legt ’nen CSD-kompatiblen Beat drüber, meldet sich unter falschem Namen zum Domina-Volkshochschulkurs an und gibt dann auf der Bühne die Verruchte, aber natürlich nur ‚in spe‘. Gewiss, in den 90ern wäre das im Kasseler Showbiz mindestens das Zweit- oder Drittspannendste gewesen. „Danke, Berlin. Mein Name ist Katja von Kassel.“

„Und die Vögel singen Cha Cha Cha (…) auf der Autobahn.“

Unverbesserlich quijotisch

Zur Unhayligen Nacht im FLOW, Berlin-Mitte, präsentierte die Ostprinzessin neben Bewährtem auch druckfrische Texte. Das Publikum zeigte sich diskussionsfreudig und – wie immer – polarisiert. Für musikalische Ausbrüche aus dem Mainstream sorgten u. a. Marten Mühlenstein (sax) und Artus Unival (e-guitar). Ein Textbeitrag von Elke Günther gewehrte intime Einblicke in die mit Luftpolsterfolie gegen die Unbill der Außenwelt abgedichtete Innenwelt der Autorin. Und auch Doña Ostprinzessin ließ tief blicken:

„Ich hasse Feiertage und Weihnachten ganz besonders. Ich sage das fröhlich und gelassen. (…) und was passiert einem Engel, der so weit hinaufgeworfen wurde, von einem Gedanken, von der Idee, das Leben neu zu interpretieren (…) ja, auch er fällt hinab auf die Erde, und das ist auch gar nicht schlimm, denn dann ist er wieder dort, wo er das Glück gesehen hat, ein paar Momente lang; und natürlich: nichts davon wird er festhalten können, doch ein wenig davon wird immer bei ihm sein…

Und nun möchte ich einen weihnachtlichen Gruß von Benedict Ugarte Chacón, meinem Freund, dem Bösen Wolf, vortragen.

Glücklich und heiter soll uns das Lichterspiel in den Straßen Berlins stimmen (…). Vattenfall bezaubert Berlin: im Fall der Fälle hätten wir davon noch viele tausend Jahre was. Hiervon handelt mein Weihnachtsgedicht Energiewende.

Der eine oder die andere fragt sich: Von was eigentlich lebt man als Prinzessin? Die Antwort darauf ist einfach: Von Luft und Liebe; im glücklichsten Fall auch von einer Apanage. Das jedoch trifft in meinem Fall nicht zu. Erwerbsarbeit oder Hartz IV sind für Prinzessinnen überhaupt nicht vorgesehen und deshalb auch in meinem Leben nicht Teil der Realität. Das hat Konsequenzen – solche, die ich lang schon auf mich zukommen sah und die jetzt zum Tragen kommen. Doch ist das auch ganz gut so, denn es macht nachdenklich, und es gibt Anlass, zu schreiben: Werden und Sein.

Mit dem Los, Prinzessin zu sein, hadere ich nie, aber die Kälte, allem voran die soziale (…). Unreflektierte Lebenslust ist eine Gnade. Manche von uns verwirken diesen Segen. Leid und Frust prasseln auf sie herab. Doch haben wir das Wachstum. Was ganz besonders stark wächst, das ist die Armut, allem voran die geistige. Frohsinn und Heiterkeit – vor trügerischer Kulisse – verderben zu einer weitreichenden Sinnleere.

Wenn die Kraft zur Wut nicht reicht und die Liebe zum Leben auf Eis liegt, dann klingt das nicht heiter und fröhlich, dann klingt das so: Da war doch was, da ist doch was – da wird doch was sein? Und auch so.

Sobald die Kraft wieder ausreicht, kommt auch die Wut zurück, und die Liebe; die war ja schockgefrostet worden und hat deshalb kaum Schäden davongetragen. Der ganze Rest aber ist im Gefrierfach über die Dauer der Einlagerung verdorben und nun ungenießbar. Da kann man von Glück sagen, dass es die Müllabfuhr gibt. Doch manchmal kommt die nicht und manchmal, da läuft etwas ganz und gar verkehrt herum: Die tägliche Müllanfuhr.

Und wenn mit dem Verzweifeln endlich Schluss sein soll, dann muss man Selbstmitleid an den Nagel hängen. Allerdings sollte man dabei aufpassen, sein Mitleid nicht mit dazu zu hängen: Mein Lied ist das der Welt. Vielen Dank.

Дружба!

Lang ersehnt, jüngst erschienen: Format 11 – Druzhba!

*schnuppe 28 Seiten über Freundschaft, Beutelust und Monokultur, Wachstum & Armut, Werden & Haben, Sein oder Nichtsein, die DDR und das Richtige im Falschen. Mit bedeutungsschwerer Leere, deutlichen Zuwendungsspuren, kühnem Rat, ’ner Prognose, Magic Moments und der Wahrheit.

*schnuppe - Format 11 - Druzhba!

Kostenloses Exemplar bestellen: ep(at)ostprinzessin.de

Unerhörtes am Unheiligen Abend

EINLADUNG

Es erwartet Sie und euch ein Ereignis, das es so nicht wieder geben wird: fantastische Musikerinnen und Musiker mit Improvisationen im Freistil, bezaubernde Stimmen und unerhörte Texte aus Wut, Glut und Liebe, kurzum: „eine Gelegenheit für etwas Besinnung in der Losigkeit“ (Ostprinzessin).

Im legendären Club FLOW, Tucholskystr. 32, Berlin-Mitte. Beginn: 21 Uhr.

Eintritt frei!

Haylyg Nacht mit Ostprinzessin