24. Dezember, allein in Berlin. Der einzige Berliner Freund ist in seine badische Heimat verreist, die Freundschaft zu meinem engsten Freund bricht – mit jedem Tag dramatischer werdend – auseinander und hinterlässt dabei einige Trauer und Wut. Familie ist fern, soziales Umfeld inexistent, und beim kaum vermeidbaren Blick in die heilig-abendlichen Stuben der anderen lässt sich mein verlorenes Dasein denn auch nicht mehr leugnen.
Zwanzig Minuten vor Konzertbeginn entscheide ich gegen Depression und für das volle, das flirrende Menschsein, spurte den Prenzlauer Berg hinunter und nehme Platz im großen Saal der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz. Allerhand buntes Volk ist hier zusammengetroffen, um den mir bis dato völlig unbekannten Funny van Dannen zu feiern – seine geradenach überdeutlich sozialkritischen Texte, begleitet von eingängigen, galoppierenden Melodien, dargereicht in absurden Metaphern voller Wahr- und Weisheiten, die vom eigensinnigen Humor des forschen Barden und vierfachen Familienvaters zeugen. Das Haus ist voll, das Bühnenbild minimalistisch: Zwei Strohpuppenengel sehen von hoch oben zu uns hinab.
Und so wird der diesjährige 24. Dezember zu jenem überaus erbaulichen Anti-Weihnachten, von dem ich vorher nicht zu träumen vermocht hätte. Die Tränen dieser Rührung rinnen bereits während des Konzerts über mein ebenso glücklich wie überrascht anmutendes Gesicht und zeugen von der unerwarteten Geborgenheit, die sich mir in der inhärenten Wut dieses Ereignisses erfährt.