ANGST

Allodoxaphobie Angst vor einer Meinung
Atychiphobie Angst, Fehler zu begehen
Bromhidrosophobie Angst vor Körpergeruch
Cacophobie Angst vor Hässlichkeit
Decidophobie Angst, Entscheidungen zu treffen
Dishabiliophobie Angst, sich vor jemandem auszuziehen
Frigophobie Angst vor Erkältung
Glossophobie Angst, vor Leuten zu sprechen
Hedonophobie Angst, Freude zu empfinden
Homophobie Angst vor Homosexualität
Isolohobie Angst vor Einsamkeit
Kainolophobie Angst vor Neuem
Katagelophobie Angst, sich lächerlich zu machen
Macrophobie Angst, lange zu warten
Obesophobie Angst vor Gewichtszunahme
Ochlophobie Angst vor Menschenmengen
Osphresiophobie Angst vor Körpergerüchen
Panophobie Angst vor Allem
Sciophobie Angst vor Schatten
Sitophobie Angst vor Nahrung
Tomophobie Angst vor chirurgischen Operationen
Xenophobie Angst vor Fremden
Zelophobie Angst vor Eifersucht

Wenn einer keine Angst hat, hat er keine Phantasie. (Erich Kästner)

„Ich geh am Ende immer leer aus“

Betancorband im Quasi

Die Popette Betancor ist eine Unterhalterin von allererster Güte. Heute präsentiert sie ihre hispanoiden Musik- und Textstücke mit gewohnter Leichtigkeit und angestrengter Choreografie. Denn ja, sie ist ein Clown. Das verraten nicht zuletzt ihre Mimik und die ausgeprägte Unfähigkeit zu geschmeidiger Bewegung. Ihr Tanz wirkt spastisch und oft hilflos und genau damit kokettiert sie und auch dafür lieben wir sie.

Wenn ein Stück am Beginn nicht richtig funktionieren will, wird es kurzerhand gestrichen. Mit eigenen Patzern und kleinen Ausfällen geht die Popette gewohnt souverän um. Sie nimmt sich da nicht zu ernst, ist sich gleichwohl bewusst darin, dass ihre textlichen, musikalischen und kabarettistischen Verkündungen Maßstäbe setzen und die Genres weiterentwickeln.

„Auch Marx und Lafontaine wären an meiner Seite“ singt sie voller Selbstverständlichkeit, doch in ebensolcher augenzwinkernder Hinterlist. Und wenn sie Lust darauf hat, borgt sie sich Lieder von den Sternen (Universal Tellerwäscher) und Madonna (Materialistische Welt).

Susanne Betancor ist immer eine „Kämpfer, Kämpfer, Kämpferin“ gewesen, doch in letzter Zeit gewannen ihre Stücke deutlich an Explizität. Konsequenterweise erfährt das Publikum während einer Überleitung von der paritätischen Veranlagung der Künstlerin. Sie habe das ganze Angebot von Männlein und Weiblein zur Auswahl, könne sich aber gar nicht gut entscheiden. Daher: „Ich geh am Ende immer leer aus.“

Wir dafür niemals.

Popette Betancor im Quasimodo leidenschaftlich

„Wenn Sie mich einladen, komm ich nicht!“

Der NBK lädt zur Diskussion unter dem herbeigekünstelten Titel: „Quo vadis Bethanien?“, Diskussion über die Zukunft des Künstlerhauses Bethanien nach einem Jahr andauernder Besetzung durch Autonome; auf dem Podium: Gerrit Gohlke (Publizist), Karl Heinz Jeron (Künstler), Reiner Maria Matysik (Künstler) und Christoph Tannert, Geschäftsführer der Künstlerhaus Bethanien GmbH.

Doch Letzterer will nicht diskutieren, er will nur beleidigen: „Der Kiezdödel“ schade der „Hochkultur“, pöbelt er, angesprochen auf den Anspruch der IZB (Initiative Zukunft Bethanien), die Anwohner an der Zukunftsgestaltung des Bethanien zu beteiligen, wofür die IZB ein fast 14.000 Stimmen starkes Bürgerbegehren angestrengt hat.

„Soziale Wärmstuben“ gäbe es in Kreuzberg zur Genüge, so Tannert weiter. „Hausbesetzer sind gesetzlos und gehören verfolgt!“ Dass Christoph Tannert dies wirklich ernst zu meinen scheint, überrascht angesichts seiner eigenen, durchaus systemkritischen Biografie. So war ausgerechnet der DDR-Bürger Tannert es, der in der DDR eine Ausstellung über Punk ins Leben rief, die vom Staat äußerst argwöhnisch beäugt wurde. Die im Raum anwesenden Bethanier und ihre Freunde haben denn auch größte Mühe, nicht vor Wut zu platzen. Dennoch aber lässt sich niemand auf das Tannert-Niveau hinunterziehen. Kritische Nachfragen aber tötet Tannert auch weiterhin mit immer neuen Beleidigungen ab – meist rhetorisch geschickt und überlegen.

Muss so viel Arroganz sein? Das wird sich selbst der Künstler Reiner Matysik gefragt haben, der in Tannerts Künstlerhaus eine Ausstellung unter dem Namen „Initiative Zukünftige Lebensformen“ zeigen darf, für die er auch direkt bei den Besetzern im benachbarten Südflügel recherchiert hat. Überhaupt hat er die Besuche in der NewYorck 59, wie der Südflügel seit seiner Besetzung heißt, als angenehm in Erinnerung. In seinem Ausstellungstitel und auf der zugehörigen Website (leider nicht mehr verfügbar) gießt er über den konkreten, klar politischen und sozialen Anspruch der Initiative Zukunft Bethanien – leider von oben herab – einen künstlerischen Zuckerguss, der denn leider auch am künstlerischen Deckmäntelchen kleben bleibt und am Ende etwas unkonkret durch den Kunstraum schwebt. Immerhin aber traut sich Matysik, im offenen Widerspruch zu Tannert zu stehen, während die anderen Diskutanten auf der Schleimspur bleiben, obwohl Tannerts Ausfälle zunehmend unerträglich erscheinen.

Überhaupt kommt die drängende Frage auf, ob der Geschäftsführer des Künstlerhauses für die KünstlerInnen eigentlich tragbar ist. Tannert indes wettert weiter gegen die zukunftsweisenden Lebensformen in seiner unmittelbaren Nachbarschaft – während er sie im Künstlerhaus ausstellen lässt – und begrüßt den Kommentar einer Frau aus dem Publikum: „Der Hass auf die Kunst hat in Deutschland Tradition.“ Hinter dieser Behauptung steht wohl dann auch die Frage: Sind Linke kunstfeindlich? Daher – zur Erinnerung – ein paar der berühmt gewordenen Gegenbeweise: Hanns Eisler, Ernst Busch, Kurt Tucholsky, Heinrich Mann, Oscar Wilde, Käthe Kollwitz und Frances Farmer.

Quo vadis Bethanien?

Politische Unkultur und Avantgarde

Mit einem erfolgreichen Bürgerbegehren (über 13.500 Unterschriften) hat die IZB Initiative Zukunft Bethanien, die sich im ehemals leerstehenden und nun besetzten Südflügel des Kreuzberger Bethanien-Hauptgebäudes gegründet hat, den Verkauf des Geländes an einen profitorientierten, privaten Investor verhindert. Auf dem Gelände befinden sich neben vielem anderen auch das Künstlerhaus Bethanien und eine Musikschule. Der nunmehr jahrelangen Unfähigkeit der Bezirksregierung folgte vor Kurzem die unter dem Druck der Initiative entstandene Einsicht, dieses Gelände einer sozialen und politischen Nutzung zu öffnen.

Heute, am späten Sonntagabend, finden die entscheidenden politischen Verhandlungen über den weiteren Verlauf der Entwicklung des Geländes statt. Die IZB hat dazu ein umfangreiches Papier erstellt, das von den Fraktionen in der BVV (Bezirksverordnetenversammlung) nun an unterschiedlichen Stellen attackiert oder unterstützt wird. Morgen dann entscheidet die BVV über den heute auszuhandelnden Kompromiss.

Kreuzberg. Wir schreiben das Jahr 2006:

Die Linke/PDS in autoritärem Stil
+ Grüne gegen Bürgerbeteiligung
+ SPD ignorant und inkompetent
+ CDU jenseits jedes Verständnisses
= unfähig und der Demokratie unwürdig.


Autonome, Hausbesetzer und Märchenfiguren hingegen (kurz: AHM) öffnen den Stadtraum, entwickeln die Nutzungskonzepte, erarbeiten die Finanzpläne, stützen Kunst und Kultur und retten die Demokratie – und das alles ohne Bezahlung.

Zur Strafe für so viel gemeinnütziges Engagement dürfen sie dann auf den harten Steinböden des Kreuzberger Rathaus-Foyers ausharren, während sich in den Fraktionszimmern die jahrelang Unfähigen gnädig – und unter ihrem Diktat – zu Verhandlungen mit einigen Abgesandten der AHM herablassen und sich in einem Tauziehen um jedes Detail der Vereinbarung ergehen. Doch damit ist die verkehrte Welt noch nicht hinreichend beschrieben. Nein, denn es ist sogar so, dass die AHM für jede verantwortungsvolle Position zu streiten haben, während sich die Fraktionäre in ihrer Missachtung der Kreuzberger Bevölkerung gegenseitig überbieten.

Während sich nämlich der Verhandlungsführer der PDS durch steinzeitlich autoritäres Gebaren bekannt macht und die SPD die Unwissenste ihrer Abgeordneten (Ist sie doch …?) in die Verhandlungen schickt, fordert eine der grünen Verhandlerinnen tatsächlich nicht weniger als die Verhinderung der Anwohner-Beteiligung. Die CDU – wie könnte es anders sein – ist hierbei schon außen vor, weil ihre Funktionäre sich ohnehin in der Rolle der hasserfüllten Demokratie-Rambos ergehen. Dabei sollte man aber nun nicht übersehen, dass Abscheu und Verachtung nicht allein in den Augen der traditionell Kreuzkonservativen abzulesen sind.

Die politische Elite des Bezirks versagt also nicht allein auf professioneller Ebene, sondern eben auch auf der menschlichen, und es ist noch gar nicht klar, welches Versagen ihr denn nun stärker anzukreiden ist.

Durch das Versagen der etablierten Politik entsteht ein Vakuum im Bereich der Ausgestaltung der aus den unterschiedlichsten Lebensentwürfen der Stadtbewohner resultiernden Ansprüche an das Gemeinwesen. Genau dort hinein wirkt eine neue Art Avantgarde aus sozial und gemeinnützig orientierten Stadtpiraten, Social-Economy-Machern, sozial versierten Künstlern jeder Couleur und – an praktischer Umsetzbarkeit orientierten – Basisdemokraten, allesamt geschützt und unterstützt von zahllosen Berliner Engeln, Prinzessinnen und gutmütigen Monstern.

Am Ende ist es Nacht und die Damen und Herren Politiker schaffen es nicht einmal mehr, ihr Erstaunen über die Kompetenzen der Initiative zu verbergen. Das flüchtig herübergeworfene „Tschüss“ entspringt am Schluss aber dann doch eher einer tiefen Erleichterung, nun endlich zu gehen und wieder in Tiefschlaf verfallen zu können. Dem ausgehandelten Papier stimmt die IZB noch tief in der Nacht zu, während sich die offizielle Regierung bereits wieder ins Schlummerland aufgemacht hat.

Wir übernehmen.

Yoga zur Entspannung Besuch der Nichte aus Schwaben... ...bei ihrer Berliner Tante

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Eine „diagonale Karriere“ verläuft von links unten nach rechts oben.

Wahl unter Qual – Sorry, Lucy!

Der Direktkandidat der Bergpartei für das Abgeordnetenhaus von Berlin ist Michael Schmacke. Er möchte „mit der Verfassung das System stürzen…“.

Über die Liste der APPD wollen Benjamin Reding sowie Timo Witt ins Abgeordnetenhaus einziehen. Die APPD zu lieben, ist nicht immer leicht und auch gar nicht gewollt, aber wo die Partei Recht hat, hat sie Recht: „Verbot aller angemeldeten Demonstrationen.“

Die ÜPD tritt mit einem tatsächlich erstaunlich ambitionierten Programm an: Zur Wahl der BVV (Bezirksverordnetenversammlung) fordern Simon Raßloff und Jakob Sielmann die Rückverranzung von Prenzlauer Berg, aber auch lustige Hüte in der BVV werden nicht ausgeschlossen.

Der strahlend leuchtenden Lucy Redler, der Spitzenkandidatin der sympathisch aufmüpfigen Berliner WASG, bleibt zu wünschen, dass ihr der Einzug ins Abgeordnetenhaus auch ohne meine Stimme gelingt.

Aus dem Programm der ÜPD:

Kultur

Kitsch ist die beste Avantgarde!

Kunst ist eine Erträglichmachung des Unerträglichen. Kunst ist konstruiert, Kunst ist Schein, Verewigungszwang und Arroganz.

Schluss mit dem Ekel! Zurück zum Bestialischen, Antiästhetischen, zu echter Kommunikation.

Kultur ist ein Pfeiler des Hologramms Nationalstaat. Der steht als Verfechter moralisch-ästhetischen Anspruchs in Form von Zensur und Altersbegrenzungen auf total verlorenem Posten. Es gibt nämlich nichts, was es nicht gibt und die Kunst macht das eigentlich nur sichtbar. Die Realität aber ist ihr immer um einiges voraus. (…)

Erststimme Zweitstimme Zweitstimme BVV BVV Volksabstimmung

Parteinahme ist der Anfang der Aufrichtigkeit. (Oscar Wilde)