Es wechseln die Zeiten
Am Freitagabend hatte ich die Ehre, in der Orangerie Oranienburg eine Strophe aus Brechts Moritat von Mackie Messer singen zu dürfen, a capella mit Gisela May … thank YOU! Ein wahrhaftiger Moment voll Zärtlichkeit.
Denn die einen sind im Dunkeln
Und die andern sind im Licht.
Und man siehet die im Lichte
Die im Dunkeln sieht man nicht.
Paul Werner Wagner im Gespräch mit Gisela May.
Eine Veranstaltung der Friedrich-Wolf-Gesellschaft.
„Kunst ist Waffe!“ F. Wolf
Sie gehört zu den wenigen Frauen, deren Namen man mit der sparsamen Beifügung „die“ verbindet. Frauen, deren Persönlichkeit Geschichte und Kunst gleichermaßen beschreibt: Die Dietrich, Die Weigel, Die Greco und eben Die May. Ihre Interpretation der Brechtsongs setzte Maßstäbe, auf der ganzen Welt sind ihre Schüler anzutreffen. Und im Osten überkommt einen ein Hauch von Überlegenheit, wenn man Gisela May auf der Bühne des Brecht-Theaters in den großen Rollen sah und nicht nur die „Muddi“ der beliebten Fernsehserie „Adelheid und ihre Mörder“.
Am Grunde der Moldau wandern die Steine
Es liegen drei Kaiser begraben in Prag.
Das Große bleibt groß nicht und klein nicht das Kleine.
Die Nacht hat zwölf Stunden, dann kommt schon der Tag.
Es wechseln die Zeiten. Die riesigen Pläne
Der Mächtigen kommen am Ende zum Halt.
Und gehn sie einher auch wie blutige Hähne
Es wechseln die Zeiten, da hilft kein Gewalt.
Bertolt Brecht
„Liebs Giselschen, flieg mer net zum Himmel nauf, isch weiß ja net, ob Du wieder nunnerkommscht!“ Ferdinand May
Grand Prix der Fahrstuhlgesänge
Finanzsenatorin will Prinzessin werden
Monoman spontan: Vernunft sich ersann
Besuch bei Theo und Emilie
Lieber Theodor,
in der Unruh Deiner Ruhestatt,
heut, an Deines Grabes Rand,
da stand und schwankt ich,
dacht hin, dann wieder her –
mit jedem Schwenk trug Es
sich höher, grub sich tiefer,
wog sich schwer – stiller
Verzweiflung heisre Schrei‘
sich schrien, bis Vernunft
meiner sich ersann, Deiner
Worte Trost entliehn.
Ostprinzessin, 2011
–
Die Frage bleibt
Halte dich still, halte dich stumm,
Nur nicht forschen, warum? warum?
Nur nicht bittre Fragen tauschen,
Antwort ist doch nur wie Meeresrauschen.
Wie es dich auch aufhorchen treibt,
Das Dunkel, das Rätsel, die Frage bleibt.
Theodor Fontane, 1888
Man beachte auch die Analogie bzgl. sich gegenübersitzender Dichter/Engelswesen.
Mystisch: Raum-Zeit-Kontinuum-Spalte, vormals „Himmlischer Pfad“.
Hurra, ich lebe noch
Nachdem ich gestern den Schleier gelüftet, die rosarote Brille abgesetzt und meinem Staat ganz tief ins polizeiliche Auge gesehen hatte, da war ich plötzlich richtig verliebt – verliebt in den Gedanken, ohne ihn zu leben. Weitere Konsequenz: Ich benötigte dringend ’nen Zauberstab, zwei Wasserwerfer und mindestens drei Wochen Kur. Eigentlich.
Für die ganz gewiss notwendigste Angstsituation meines bisherigen Daseins darf ich den paramilitärischen Einheiten unseres ach wunderschönen, aber seit jeher hässlich interpretierten Landes meinen tiefsten Dank aussprechen. Denn Angst löst bei mir Schrei(b)blockaden. Kleiner Scherz, har har.
Plötzlich eingepfercht – vorne zu, hinten zu, Seiten zu, viel zu viele Menschen auf viel zu engem Raum – und von in Panik vor gepanzerter Gewalt und Gas fliehenden Hunderten an eine Hausfassade gepresst, erlebe ich dies kollektive Vergnügen der Extraklasse, welches sowohl einem beginnenden Wonnemonat als auch wirklich jeder Prä-, Post- und sonstigen Demokratie unserer Zeit vollkommen angemessen und verhältnismäßig erscheint. Dann von kraftstrotzenden Robocops noch etwas fester mit den bislang ahnungslosen anderen zusammengepresst zu werden – Atmen, by the way, wurde dabei zur Glückssache –, überstieg selbst die Erwartungen der mitgefangenen Veteraninnen und Hartgesottenen; und das ist auch gut so, denn wer ist nicht gern mal überrascht!
Panisch aus der Menge gekämpft, so umsichtig wie möglich und so zupackend wie nötig, schließlich an Kesselrand und Polizeisperre angekommen, schallt es mir entgegen: „Vorne raus!“ Immerhin, die Staatsmacht hat Humor. Da hilft nur eins: sich Flügel wachsen lassen. Syrien ist näher als man denkt.
2. Mai. Hurra, ich lebe noch!
Ostprinzessin
Auf dem Mariannenplatz: Gerlinde Schermer (SPD), Harald Wolf (LINKE)
Was ein Bohei: ganz Berlin liebt Kapitalismus und die Polizei!