A Single Man

Und diese wundervoll aufgeräumten Bilder! Solche Mühen machen sich nur sehr wenige Filmer. In vielen Filmen bis in die 60er Jahre hinein war sie nicht unüblich, diese Liebe zum Detail, auch wenn nicht immer gleich solch poetische Einstellungen entstanden wie jene in A Single Man.

Sein Herz zerbrach unter dem Druck des Schmerzes am Verlust seines Liebsten.

Ehrlich. Reduziert. Sinnlich. Liebend. Gesehen im Kino International.

A Single Man, Eintrittskarte Kino International

Monster retten die Welt

…aber leider haben sie in diesem Film nicht die Hauptrollen abbekommen. Diese ist nämlich einem blonden Girl mit idealisierten Rundungen vorbehalten, das sich auch der engagierteste Sexist in seinen Zeichentrickträumen nicht peinlicher hätte ausmalen können.

Und auch in seinen übrigen Unterhaltungsbausteinen, die in Monsters vs. Aliens einmal mehr ihren industriellen Flachzangencharakter beweisen, funkelt dieser in die Länge gezogene Weltrettungskitsch in mattestem Klischee-Glitzer.

Aber Moment mal, was hatten wir denn erwartet – so funktioniert sie eben, die Unterhaltung im Mainstream. Für die Monsterwelt ist dieses Machwerk jedenfalls eine Beleidigung. Ebenso für die Phantasie der Kinder. Und wirkliche Heroinen sehen auch in 3D anders aus. Freiwillig.

Monsters vs. Aliens

Torstraße intim

Im Ballhaus Ost, unter Anwesenheit einer der Schauspielerinnen, in sehr intimer Atmosphäre.

Artikel in Arbeit

Unwiderstehlich: Chansons d’amour

Zwar nicht ganz ausgereift, aber dafür durchaus einnehmend: Les Chansons d’amour (inkl. entsetzlicher deutscher Liedtext-Übersetzungen).

Ein hetero-homo-bi-amouröser Film, der sich auch dank des entzückenden und erschreckend kaltfühligen Hauptdarstellers Louis Garrel, welcher sich in unsere Herzen spielt und singt, zumindest unterhaltsam nennen darf. Märchenhaftes mischt sich mit allzu Realistischem. Für Dramatik und Tränen ist dabei über einen gefühlsgerecht inszenierten Todesfall gesorgt.

Weder die teilweise etwas hölzerne Darstellung, noch ein um den chansonierenden Darsteller gewickelter Tricolore-Schal, kann dem erfrischenden Gesamteindruck letztlich etwas anhaben. Originell hingegen die Idee, im Vorübergehen für eine sehr kurze Sequenz – wie zufällig – einen grinsenden Präsidenten Sarkozy aus einem Schaufenster blicken zu lassen, exakt platziert in einen – für ihn – denkbar unvorteilhaften Moment der Dramaturgie.

Angenehm verstörend auch Clotilde Hesme, die zeitweise wie eine Schwester vom Mensch (nicht: Sängerin) Cora Frost wirkt.

Gesehen im arg schönen, wohl gerundeten, ganz und gar nicht überladenen Cinema Paris am Kurfürstendamm.

Cinema Paris - Chansons d'amour

Schwarze Schafe: Eine Proletensause

Verriss oder Nichtverriss, das ist hier die Frage. Um eines gleich vorab zu erwähnen: Viele Ansätze in „Schwarze Schafe“ sind interessant, schon der Titel selbst verspricht sehr viel – und einiges ist einfach toll gemacht, doch:

Voyeurismus ist unsexy. Ein paar lustige Pointen, eine gute Drogen-Exzess-Szene, ein paar geile Schwänze und ein bisschen Berlin-Propaganda ergeben noch keinen guten Film. Die Macher würden vermutlich meinen, sie bildeten doch absichtlich die Scheiße so ab, wie sie nun mal sei. Aber weit gefehlt! Sie greifen zwar unentwegt die Sinnleere der Menschen und die alltäglichen Perversionen unserer Existenz auf, aber sie schaffen es nicht einmal, entsprechend sinnige oder hintersinnige Dialoge zu verfassen. So viel missglückten Sprech habe ich im Kino lange nicht gehört. Weiter werden sie behaupten, die allgemeine Neigung zum Klischee sei notwendig und erfrischend ehrlich oder hintersinnig. Aber für was denn? Für volle Kassen vielleicht – bei einem in etwa anvisierten Publikum, das selbst noch zu wenig Erfahrungen machen konnte und deshalb zu den Protagonisten des Films wie zu Proletengöttern aufschauen darf, bzw. sich in seiner eigenen Dumpfheit suhlen kann, während es darauf verweisen wird, im Film geeignete Vorbilder entdeckt zu haben.

Wäre der Film doch wenigstens ein ehrlicher Beitrag zur Realität! Nur leider ist es gar nicht so, dass wir Menschen nur aus einem Konglomerat von Problemen, Abgründen und Desinteresse bestehen. Man muss der (harten) Realität auch keineswegs entrückt sein, um behaupten zu können, dass Menschen einander nicht immerfort nur rücksichtslos, sondern ebenso (exzessiv) umsichtig zu behandeln vermögen. Und die Feinde unserer Selbstfindung sind nicht in erster Linie in uns selbst zu ergründen, sondern können sehr wohl an den externen Bedingungen erkannt werden. Nur leider beschäftigt sich der Film damit nur ganz am Rande.

Wenn dieser Film uns ankotzen will, so schafft er es nicht und kotzt sich höchstens in die eigene Suppe. Vielleicht will er uns (scheinbar völlig neue) Erkenntnisse aufzeigen, z. B. dass ein Job bei Vogue natürlich eine sinnentleerte Aufgabe darstellt. Nein, es wird dann doch lieber in einem der besseren Film-Momente eine Air-Berlin-Reklame eingeblendet. Soll das witzig sein? Ist es egal, dass hier eine klimakillende CDU-Konzern-Familie den Film sponsert? Wenn ja, dann kann uns echt Alles egal sein. Dass es uns das womöglich tatsächlich sein kann, lässt sich sicher auch in einem Film thematisieren, aber in diesem genauso sicher nicht, denn er kratzt nur an der Oberfläche, will nur unterhaltsam sein, wo er tiefsinniger werden könnte. Entschuldigungen gibt es dafür keine. Entweder man verwurstet seine Filmideen oder man schafft ein Stück Kunst. Letzteres ist hier eindeutig nicht geglückt.

So bleibt der Film leider in erster Linie eine von plakativen Perversionen besessene Nabelschau der Autoren, die uns wenig originell in Jackass-Manier die Zeit stiehlt und dabei nur in wenigen Teilen zu einem gutgemachten Abbild der Realität oder einer Persiflage ebendieser wird. Als Zuschauende werden wir zu Voyeuren degradiert, denen das Hirn abwechselnd in Hose und Lachmuskeln flutschen soll. Robert Stadlober spielt einen schwulen Jungen, Eralp Uzun und Oktay Özdemir zeigen ihre erigierten Schwänze her, eine im Koma liegende Oma wird in einem satanischen Ritual von ihrem Enkel in den Arsch gefickt, Münchner Schnösel werden angekotzt (einer der besseren Momente) und ein tuntiger Mann scheißt sich voll, weil er und sein Freund drauf stehen. Brachial – und ohne feines Gespür für den Bruch mit der Political Correctness – zeigt sich hierin das (Un-) Wesen des Films, das leider mehr auf Abstumpfung denn auf raffinierte Provokation abzielt.

Voyeurismus funktioniert immer. Die guten Momente aber werden von der vorherrschenden Plattheit der Umsetzungen aufgesogen. Da helfen auch nicht ein paar gut gemachte Provokationen und ein paar überzeugende Einzelszenen. Dumpf bleibt dumpf – und eine Persiflage ist es auch nicht geworden. Für denkarme Berliner ist dieser Film eine aufregende Verrohungszeremonie, für Nicht-Berliner ein billiges Hauptstadtfestfressen und für alle denkenden Berliner und Nichtberliner ein Beleg für das Absinken der (künstlerischen) Fertigkeiten einer zur Verrohung und Verdümmlichung verdammten Raubtier-Kapitalismus-Gesellschaft, die auch die Filmemacher mit in den Strudel einer vorgeblichen Entgrenzung, in Wahrheit aber in einen Strudel peinlicher Begrenztheit, zu ziehen vermag.

Schwarze Schafe? Nein, hier blökt die allgegenwärtige Schafherde der von sich und der Welt gelangweilten Filmemacher, die Ziele und Träume und ihr Scheitern nur als Faust und Fick darzustellen wissen, weil sie sich ihre Nase abgehackt haben, bevor sie die tiefgehende Fäulnis in den Dingen zu riechen vermocht haben. Ihr wolltet keinen „sozialdemokratischen“ Film machen? Ja gut, aber jetzt habt ihr einen konservativ-reaktionären Anti-Anti-Film produziert.

Ein von Phantasie und Realität gleichermaßen entferntes Machwerk, auf halber Strecke stehengeblieben.

Schwarze Schafe, Delphi-Palast am Zoo Schwarze Schafe

La Antena – Starker Tobak?

„Das war ja starker Tobak!“ – „Ich fand den Film eigentlich ganz gut.“ Nach der Filmvorführung verlässt das Freundespaar den Kinosaal mit diesen äußerst verschiedenen Auffassungen, und hierfür gibt es  – sieht man einmal genauer hin – durchaus ein paar ganz handfeste Gründe.

Wer Schweigsames liebt, dem empfehle sei als Geheimtipp „La Antena“ empfohlen, ein recht neuer Film aus Argentinien, der in seiner Art zur Zeit weder im deutschen noch im U. S. -amerikanischen Film vorstellbar wäre. Er atmet klassische Brillanz sowie revolutionäre Energie und legt auf fantastische Weise die uns umgebende Medienmanipulation dar, ohne dabei aus seinem kunstvollen Rahmen zu fallen. Inhaltlich ist der Film offenbar derart brisant, dass er fast überall entschärft wiedergegeben wird. Aktuelle Bezüge werden in beinahe allen Berichten gescheut. Das Kinopublikum reagiert überwiegend verstört und abwehrend bis abwertend. Die im Film allgegenwärtige Verdummung der Massen wirkt also bis heinein in die Kinosessel.

Zensiert wird „La Antena“ nicht vor oder während seiner Aufführung, sondern in den Rezensionen. Folgerichtig gehen diese gar nicht darauf ein, dass der Film die Wirklichkeit beschreibt. Es wird viel an der einen oder anderen Stelle herumgemeckert, weil die Kunst des Genres da und dort nicht hundertprozentig stimme, oder weil dieses oder jenes unnötig oder ach so kurios sei. Die außergewöhnlich konsequente Metaphorik wird nur verhältnismäßig unmotiviert erwähnt. Dass der Film letztlich das Ende einer spätkapitalistischen Konsumwelt beschwört und seinerseits zu einer revolutionären Stimmung beitragen will, die ihre real existierende Motivation aus den real existierenden Verhältnissen – hierzulande wie in Argentinien – erhält, wird weder adäquat wahrgenommen noch vermittelt, so als wären las antenas gar nicht auf Empfang gewesen.

Etablierte gesellschaftliche Unterdrückungsverhältnisse, Wut und Gegenwehr werden leider nur allzu gern verschwiegen. Man hält vornehm Distanz. Klar ist: Vieles kann man an diesem Film kritisieren, aber man kann auch seine wesentlichen Motive übersetzen, weitertragen und darauf aufbauen – alles eine Frage des Wollens. Fragen der Macht, des Machtmissbrauchs und der Manipulation stellen sich nicht nur im Film.

La Antena

Reine Geschmackssache – ?

Aber nein!

Reine Geschmacksache“ ist ein Film, der das Publikum nicht spaltet, sondern im Lachen vereint. Gewiss, nicht Jede/r wird jede Pointe vortrefflich finden, aber an diesem Film ist einfach Vieles außerordentlich gut gelungen. Mit viel Liebe wurden zahllose kleine Details eingefügt. Der Schnitt ist beherzt und kann durchweg überzeugen, die Handlungen können öfter mal überraschen. Lieblosigkeiten kommen eigentlich nicht vor.

Diesem Film gelingt es, das zu sein, was hierzulande sonst fast immer arg angestrengt wirkt: Eine Komödie.

„Wolfi, Handelsvertreter für Damenoberbekleidung, hat einen funkelnagelneuen Wagen, aber plötzlich ein Problem: Er hat keinen Führerschein mehr. Sein Sohn Karsten, frischgebackener Abiturient, hat eine Sprachreise nach Spanien gebucht, aber plötzlich ein Problem: Sein Vater hat keinen Führerschein mehr. Protestieren hilft nicht: Karsten wird zwangsverpflichtet, Wolfi samt Frühjahrskollektion durch die deutsche Provinz zu chauffieren.“

In Wahrheit geht es aber vor Allem auch um das Coming Out des Sohnes gegenüber seinen Eltern. Dass er sich in den übelsten Vertreter-Kollegen seines Vaters verliebt, gibt den Anlass, nach und nach für Klarheit zu sorgen. Bei aller Liebe zum Klischee tun sich auch ungewohnte Perspektiven und unverbrauchte Zuschreibungen auf. Wirklich umwerfend aber macht den Film seine herrlich ehrliche Umgebung: Eine baden-württembergische Einfamilienhaussiedlung der Siebziger. Das ganze Haus ist voller geschmacksferner Einrichtungselemente. Man könnte es so formulieren: Die größten Hits der 70er, 80er und 90er – und das Beste von heute. Alles erscheint äußerst realistisch. Wer glaubt, dass Natürlichkeit leicht ins Bild zu setzen ist, irrt vermutlich. Ob nun Edgar Selge oder Franziska Walser, die das Elternpaar spielen – die Inszenierung überzeugt durch eine fast peinliche Realitätsnähe.

Der schwule Sohn hingegen wird vom 19-jährigen Florian Bartholomäi in einer Weise verkörpert, die ihn von der Durchschnittlichkeit seiner (familiären) Umgebung abhebt: Er ist süß und sanft, bietet wenig Angriffsfläche. Während Edgar Selge in überragendem, ausgefeiltem Schauspiel in der Rolle des Vaters brilliert, der die üblichen Vorlieben hegt und ganz selbstverständlich den Errungenschaften des Kapitalismus nachhastet, dafür sogar Alles aufs Spiel setzt, besteht die vorrangige Aufgabe von Florian B. darin, attraktiv und putzig zu wirken, was ebenso gut gelingt, aber dann doch weitaus anspruchsloser erscheint. Etwas mehr Tiefe hätte bestimmt nichts daran geändert, dass das Publikum sich in ihn verliebt.

Die Nebenfiguren fallen besonders durch eine äußerst gelungene Überzeichnung ihrer Persönlichkeit auf. Die mit der Mutter befreundete Brigitta (Traute Hoess) wird urkomisch als dominanter Drag-Queen-Verschnitt in Szene gesetzt und ein kleiner, aber feiner Gastauftritt von Irm Hermann als Verkäuferin in einer Damen-Boutique endet mit einem unnachahmlichen Irm-Hermann-Gesichtsausdruck.

Keine Geschmackssache.
Eine gelungene Komödie – nicht mehr und nicht weniger.

Reine Geschmackssache

Neuland denken

Neuland“ in der Reihe Utopisches Flimmern im Ballhaus Ost

Das Ballhaus Ost ist brechend voll. Viele Menschen müssen am Eingang abgewiesen werden, weil der Saal bereits restlos überfüllt ist. Mit so viel Interesse hatte hier wohl niemand wirklich gerechnet. Das Thema jedenfalls ist voller Bedeutungen und drängender Fragestellungen. Gerade im Osten des Landes bluten viele Landstriche und Städte aus. Das wirft nie gekannte Probleme auf und birgt zugleich Potential für real existierende Zukunftsvisionen.

Das Dokumentarfilmessay von Holger Lauinger und Daniel Kunle lehnt sich an die Gedanken von Wolfgang Kil an. Nach eigener Aussage ringt er sich am Ende seines Buches „Luxus der Leere“ eine positive Utopie ab, mit der er nicht zuletzt seine eigene Depressivität in Schach zu halten sucht. Zudem verkündet er: „Ich glaube nicht mehr an meine Utopie.“ Zuvor war in einem Nachgespräch zum Film der positive Grundton mehrfach kritisiert worden.

Mit „Neuland“ knüpfen die Filmemacher an den Vorgänger „Nicht-Mehr / Noch-Nicht“ an, in dem auch die „Zwischenpalastnutzung“ des Palast der Republik und die Arbeit der „Urban Catalyst“-Initiatoren zum Thema wird.