Frieden schaffen mit und ohne Waffen

Haben wir also gelernt, sondervermögend zu sein. 100 Milliarden. Geil. No doubt. Das Problem ist bloß, wenn man Waffen in die Welt ruft, werden sie auch eingesetzt früher oder später, und leider kann man nie sicher sein, von wem und in welchem Sinne. Kann auch sein, dass sie ungenutzt verrotten. Kommt öfter mal vor. We know this. Happy about. Camouflage, da freuen sich die Fetisch-Motten. Also los! Kruppstahl. Rheinmetall. Hugo Boss. Es locken höchste Gewinne.

Dass wir Menschen überhaupt zu Waffen greifen, ist unermesslich traurig und tragisch. Wir tun es, weil wir fest davon ausgehen (müssen), dass unsere Waffenlosigkeit ausgenutzt würde. Genaugenommen greifen nicht wir (alle) zu den Waffen, sondern beauftragen andere damit. Wir bezahlen, sie zahlen den Preis. Und insbesondere dieser Arbeitsteilung misstraue ich zutiefst. Wenn du töten musst, töte selbst. Alles andere ist verachtenswert. Doch mit jeder Waffe, egal in welcher Hand, egal in welcher Mission, betreten wir einen Teufelskreis.

Ja, ich identifiziere Sonderfälle. Beispielsweise mag ich mir nicht ausmalen, wie unser Land während der Nazi-Diktatur von ebendieser hätte befreit werden können, wenn denn nicht mit Waffen. Waffen in Händen von Amerikanern, Briten, Russen und Russinnen übrigens. Wir erinnern uns. Oder Heiligendamm 2007. Da wurden (das stellte ein Gericht erst vor Kurzem nun endgültig fest) rechtswidrig Tiefflüge über unseren Zelten angeordnet, über tausenden Zivilist*innen auf einer Sommerwiese, nachts. Ein kleiner militärstaatlicher Terrorakt unserer Regierung. Wow. Ich habe damals viel Vertrauen verloren in unseren Staat und auch in die gesellschaftliche Kontrolle. Zugleich wurde dort eine Bewegung geboren.

Jedenfalls gab es dann auch noch die Bodentruppen, mit der Drohung, das Camp gewaltsam zu räumen. Wir standen in Unterwäsche da, als es so weit wahr. Eilten dann an die Barrikaden, die uns schützend umschlossen. Nicht alle standen so nackt da. Manche hatten Uniformen angelegt – kein Camouflage, no no, etwas mit mehr Style; Steine als Waffen in den Handschuhhänden und die spürbare Bereitschaft, sie einzusetzen zu unserer Verteidigung. Könnten tödlich sein, nicht auszuschließen. Ich war … heilfroh, hatte Angst, nicht um den Polo meiner Mutter oder so, das Fahrrad aus den 30ern vom Uropa, beides stand hier mit auf dem Schlachtfeld, nein, um die körperliche Unversehrtheit. Was aufgewiegelte Cops vermochten, zu Hunderten, zu zehnt, das wusste ich, was Black Block Boys tun, auch. Noch mal klar: Ich lehne rohe Gewalt ab und stehe also da und lehne rohe Gewalt nicht ab. Widerstand. Verteidigung. Legitim! Waffengewalt ist widerwärtig. Schon erwähnt?

Zurück nach Kyjiw. Wo meine Gedanken kreisen. Ich freu mich über jeden russischen Soldaten, der niedergestreckt wird, und sei es mit einem Küchenmesser, mit Cocktails oder besser. Weil ich die Russen untergehen sehen will in diesem Krieg. Angriffskrieg. Invasion. Klar. In Moskau darf man das nicht sagen, das sagt doch schon alles. Die ham echt ne Meise. Meisen. Ich überlege außerdem, meine schärfste Waffe hinzusenden: sie bzw. er mag Russen wirklich gern, phänotypisch, ihre Seelen, ihre Lenden. Das könnte das Blatt wenden.

Trotzdem lehne ich Waffen ab. Und diese schier unvereinbare Ambivalenz, unaushaltbare, ruinöse Widersprüchlichkeit spüre ich seit Tagen, auch körperlich. Letzte Nacht habe ich mich aufgerissen, verwundet, in meiner Nervosität, auf dem Kissen, unterm Auge. Schmerzen. Blut. Wer mich sieht, wird sehen ohne zu wissen. Ich habe meine Haltung, und ich zweifle an meiner Haltung. Wenn ich sie aufgäbe, die Haltung, den Zweifel, ginge es mir dann besser?

Frage für viele

Krieg, und nun

Putin zeigt uns also, wo der Hammer hängt. Ist er wahnsinnig? Nicht wahnsinniger als es seine Position als Führer eines durch und durch von Komplexen, harschem Kapitalismus, oligarchischer Kleptokratie, unverdauten Umbrüchen, Melancholie und der fehlgeleiteten Suche nach Schuldigen und Sündenböcken beherrschten Reiches voraussetzt.

Sanktionen? No problem. Geld und Gold wurden gehortet, die economy ist weitgehend abgeschirmt und unabhängig, das Image unseres einstigen Klassenfeindes ehedem geprägt von Abneigung und Abwertung, trotz Bewunderung und Anerkennung der russischen Natur und Kultur und der Menschen, die mehrheitlich als kultiviert, beseelt, ja verwandt gelesen werden.

Auf Melancholie hat Putin keine Lust und sie ist auch gar nicht seins; er erkennt kühl rechnend die historischen Chancen und nutzt sie: Expansion, Einfluss, Ruhm – jetzt glorreich handeln oder aber zurückweichen. Natürlich weicht er nicht. Wovor sollte er? Der Westen hat sich verzockt bzw. seinerseits kühl gerechnet und immer wieder gegen ein eigenes Zurückweichen entschieden, vielmehr für das Gegenteil: sein Einfluss ist territorial betrachtet seit Ende der Kolonialreiche nie größer gewesen als heute, auch wenn die ökonomische Vormacht mit China und anderen geteilt werden muss. „Selbstbestimmungsrecht“ nennen wir das, weil es weniger aggressiv klingt und so hübsch verschleiert, wie unsere Nato expandiert.

Das Leid tragen die Menschen in der Ukraine. Putins Russland und der in Nato-Logiken hängengebliebene Westen haben eskaliert. Und als sich nun kurz vor der Invasion die allerletzte Chance bot, ebendiese zu verhindern, hat der Westen die notwendige, schmerzliche Kompromissbereitschaft verweigert. Ja, diese Kompromisse wären zu Lasten der Ukraine verhandelt worden und entsprechend unerfreulich gewesen, ohne glorreiche Siege der demokratischen Welt oder irgendeiner anderen Seite. Aber wären sie nicht die bessere Alternative gewesen?

Diesen Teilsieg wollte man Putin nicht gönnen, jetzt wird man ihm den ganzen gönnen müssen. Der moralisch überlegene Westen hat versagt gegenüber einem klug kalkulierenden Gewaltherrscher, dem in Russland zu unserer vermeintlichen Überraschung viel Anerkennung zuteil wird, obschon viele kein tiefergehendes Vertrauen haben in den Staat, dessen Repression sie das Fürchten lehrt. Immer noch unterschätzen wir Putins Verdienst um die Funktion als Stablitätsgarant in einem vormals zerzausten Riesenreich. Putins Wirken wirkt, und seine Erzählungen verhaften bei vielen.

Den bestehenden Konflikt konnte der Westen nicht gewinnen, die grausame Eskalation hätte er verhindern können und tat es nicht. Unsere Aufgabe als Beteiligte einer demokratisch verfassten Gesellschaft muss es sein, hier nach dem Warum zu fragen, zu Selbstkritik und Kritik an den Verantwortlichen zu finden, statt „unserer“ Propaganda blind zu folgen. Oder wir folgen allen Ernstes dem Tenor der verständlicherweise aufgebrachten, ja verzweifelten ukrainischen Stimmen, die militärische Entschlossenheit verlangen, Intervention und Vergeltung.

Zur Wahrheit gehört, dass wir die Ukraine nie vor Unheil bewahren konnten, wir konnten sie nur verraten, und der Versuch eines schwierigen Kompromisses wäre der geringere Verrat gewesen. Ich sage das nicht aus Bereitschaft zur Kapitulation, aus Mangel an Solidarität oder Lustlosigkeit gegenüber freiheitlichen, libertären Werten, denen ich mich stets inbrünstig, oftmals geradezu närrisch verschrieben habe, sondern im Sinne einer kühlen Kalkulation, als Mensch, der Macht und Machtmissbrauch seit vielen Jahren allseitig studiert.

Und jetzt: Tote, Verletzte, Traumatisierte und jede Menge Rhetorik, Aufrüstung, kalter Krieg. Die Menschen in der Ukraine zahlen den Preis – und wir die höheren Preise. Danke, Putin. Danke, westliches Wertebündnis. Ganz toll gemacht. Schuld? Haben immer die anderen.

Glänzende Gedanken statt Aluhut

East Princess

Ich trage die Fahne der Vielen ins Pinselreich der Einfältigen
und die Wut hunderter Jahre Unterdrückung, Leid:

die Dielen brechen, die Fliesen, Parkett, das Laminat,
ich lade meine Wut und feuere aufs Hamsterrad:

Unrat des Patriarchats, Immissionen der Vergangenheit,
und ich banne den Dämon, gewähre niemandem die Macht.

Humboldt Forum eröffnet

<Die Dialogbereitschaft wird gleich zur Eröffnungszeremonie mit Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) und Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller (SPD) auf eine erste Probe gestellt. Denn neben Schlossbefürwortern sind jede Menge Gegner gekommen, die lautstark gegen das Bauprojekt protestieren.

„Friede dem Palast – Krieg den Pilastern“ steht auf einem Transparent, das Fabian Schmerbeck (24) aus Tempelhof mit dem Künstler East Princess hochhält. „Wir streiten dafür, dass das Schloss nicht so bleibt, sondern dass etwas Neues entsteht“, sagt Schmerbeck. Der Palast der Republik sei nach der Asbestsanierung „um einiges schöner, moderner und zukunftsfähiger“ gewesen.>

Berliner Zeitung: Schloss-Eröffnung: Vielen Dank an die Steuerzahler!

Danke Regierung, aber nein

Ab Dienstag müssen Singles ab 21 Uhr allein bleiben, sagst du. Erbärmlich ist das, widermenschlich, sage ich. Dein Familienbild ist nicht meins, war es auch noch nie.

Seit Beginn der Pandemie begegne ich denen, die gegen Maßnahmen sind, mit Kritik, und ich plädiere für einen kurzen, heftigen Lockdown anstelle dieses ewigen Gewürges, doch die Hoffnung darauf ist gestorben, denn du bist zu dumm, fehlgeleitet, schwach.

Dienstag nach 21 Uhr empfange ich demonstrativ 1 Gast. Wir sehen uns in der Illegalität.