Perversion und Entdeckung

Musisch verzierte Lesung männlicher Sichtweisen auf erotische Gelüste, im Geiste einer verspäteten Aufklärung, mit überraschenden Eingeständnissen und erstaunlich reaktionär anmutenden Aversionen. Im Theaterdiscounter.

DIE ZWÖLF GESPRÄCHE DER SURREALISTEN ÜBER SEXUALITÄT
/ Die Bairishe Geisha

Alles, was zum Bereich des Perversen und der Entdeckung gehört, zerrt Die Bairishe Geisha – in freundlicher Aneignung der intimen Gesprächskreise um den Surrealisten André Breton – schamlos vors Publikum: Frauen, sorgfältig als Männer verkleidet, vertreten in dieser szenischen Lesung vehement männliche Sichtweisen auf Sex.

Zwischen 1928 und 1932 trafen sich Surrealisten aus dem inneren Zirkel um André Breton in Paris in wechselnder Kombination insgesamt zwölfmal, um sich über ihre sexuellen Erlebnisse auszutauschen. Ziel dieser Recherchen war es, zu einem Gefühl vorzustoßen, dem die Surrealisten eine revolutionäre Kraft zuschrieben: dem Begehren.

Nicht in der Sammlung origineller erotischer Erfahrungen lag der Sinn des Unterfangens, sondern im Akt der Enthüllung selbst; ein Initiationsritual fand statt, eine Selbstentblößung aller Gruppenmitglieder, die damit ihrem Zusammenhalt und Mythos eine intime und aufgeklärt-magische Dimension hinzufügten. Die Gespräche der Surrealisten sind ein erstaunliches Dokument für das erwachende Bewusstsein der Gleichberechtigung, auch wenn den Frauen selbst bei diesen Recherchen nur selten das Wort erteilt wurde.

Zusammen mit dem Musiker Santiago Blaum orchestriert Die Bairishe Geisha die Stimmen von André Breton, Louis Aragon, Paul Eluard, Man Ray, Max Ernst, Yves Tanguy und anderen.

Ich glaube an die künftige Auflösung dieser scheinbar so gegensätzlichen Zustände von Traum und Wirklichkeit in einer Art absoluter Realität, wenn man so sagen kann: Surrealität. André Breton

Mit Santiago Blaum, Judith Huber, Eva Löbau, Vivien Mahler. Special guests: Oliver Haffner, Sebastian Šuba, Patrick Wengenroth.

Magic Garden Souvenir

Liebevoll gemachte Veranschaulichung der Wirkungsweise des menschlichen Erinnerungsvermögens, in phantasievollen Begriffen und mit Augen, aus denen der Schalk blitzt. Eine Inszenierung, in der auch Längen und Breiten schlussendlich Sinn ergeben. Im Theaterdiscounter.

Wir wollen, dass uns geliebte Menschen nie vergessen. Alles und alle wollen erinnert werden. magic garden untersucht alle Aspekte des Erinnerns und In-Erinnerung-bleiben-Wollens. Welche Traditionen prägen uns, bewusst oder unbewusst? Wodurch sind unsere Erinnerungen manipuliert? An welches Theaterereignis erinnern Sie sich?

souvenirDer theatrale Moment existiert nur im Augenblick des Erlebens. Von dieser Gegenwart aus taucht das Theaterkollektiv tief in die zurückliegenden Erlebnisse; schafft die Bedingungen für ein perfektes Erinnern. Was macht das Denkmal auf dem Bahnhofsvorplatz mit meinem Gedächtnis? Wie werden Ereignisse öffentlich erinnert? Wieso erinnere ich mich an ein rotes Feuerwehrauto, obwohl mir mein Vater damals ein blaues schenkte? Und warum erzähle ich das Ende meiner letzten Beziehung nach dem Schema eines Hollywood-Dramas?

magic-garden-souvenirmagic garden denkt in SOUVENIR über Denkmäler, Mnemotechnik, Werbung, Geschichtsschreibung und Neurobiologie nach und verlässt sich radikal auf eine zentrale Kraft des Theaters, die Flüchtigkeit. Mit deren Hilfe und den Erinnerungen des Publikums soll ein Denkmal für ein freies Erinnern entstehen. Oder für manche für ein totales Vergessen. Von diesem Abend soll nicht weniger bleiben als die Erinnerung.

Von und mit Mirjam Berger, Katharina Bill, Michael Glatthard, Anne Haug, Miko Hucko, Corinne Maier und Tina Müller.

Behauptung

Großartig gespielte, in vielschichtiger Melancholie geschwänkte Inszenierung einer tragischen Biografie (unter vielen), in östlicher Realitätswahrnehmung, mit ebensolchem Charme und erkennbarer Intelligenz. Im Theaterdiscounter.

/ ein Mann. ein Wort.

behauptungWir sind Helden der Arbeit. Wir sind die Helden unserer eigenen Biografie. Immer alles geben, bis zur Erschöpfung. Der Burn-Out als Auszeichnung. In diesem Dokumentartheater über Menschen in der Krise ist alles Lüge; diese Erzählungen entsprechen alle der Wirklichkeit. So lauten die Pole einer schillernden Geschichte über das Behaupten – im Sinne des Durchsetzens einerseits und des Scheins andererseits.

behauptung_warrugMänner nehmen’s leicht, die Sache mit dem Durchsetzen. So die Behauptung. Einer vertrödelt die arbeitslosen Wochen bei Videospielen, um am Wochenende mit dem Handy am Ohr als Geldhai an der Wall Street zu sitzen. Ein anderer eröffnet ein Reisebüro und verkauft Traumreisen in seinen Schrebergarten. Wieder einer verzweifelt an den eigenen Lügengeschichten, erfindet aber immer neue. Stop! WarRug ist gerührt von den Hochstaplern dieser Welt. Was sind deren Strategien angesichts der Unzugänglichkeit und Unzulänglichkeit des eigenen Ichs? Wenn nur noch ein erfolgreiches Ich akzeptabel ist, was liegt näher, als sich selbst radikal auszuweichen? Dem immer geforderten „Mehr“ begegnet die Depression mit individueller Anpassung an Fantasien der Masse, wodurch die Idee vom eigenen Glück unkenntlich wird.

marton-peter-nagyDer Performer Márton Nagy erzählt seine eigene Geschichte in der von anderen. Er behauptet sich in den von WarRug recherchierten Biografien von Gescheiterten und Siegern unserer Leistungsgesellschaft, von Hochstaplern, Therapeuten und Life-Coaches. Als Zuschauer lernen wir den Mann auf der Bühne dabei immer besser kennen. Behauptet er. Es entsteht ein Vexierbild zeitgenössischer Lebensentwürfe, die den schönen Erfolg als eine traurige Wachstumsverweigerung offenlegen. Der bildende Künstler Markus Uhr entwirft dazu einen Behauptungsraum von eigenem Gewicht.

Ich möchte dich vielleicht berühren

Kurzweilig verspielte Inszenierung in lyrischer Anwandlung und tragischer Lebensauffassung: eine Dramödie nachvollziehbarer Nöte, charmant ins Licht gesetzt, mit nahegehendem Sprachgebrauch und einer überraschend überzeugend eingeflochtenen Darbietung musisch erklärter Romantik. Im Theaterdiscounter.

FINNISCH oder ICH MÖCHTE DICH VIELLEICHT BERÜHREN

Ein junger Mann allein in der Großstadt. Einsam unter Millionen verschickt er ein Paket an sich selbst. Es ist fast zu banal: Er will die Postbotin kennenlernen. Für ihn unmöglich. Sein Wunschtraum nach Nähe und Gesellschaft, immer wieder torpediert von kleinen Fluchten nach Innen vor einer bedrohlichen Außenwelt. Auf das erlösende Klingeln wartend konstruiert er den Moment der ersten Begegnung, wie sie sein könnte…

FINNISCH oder ICH MÖCHTE DICH VIELLEICHT BERÜHREN ist ein poetisches Denkkarussell um Für und Wider einer möglichen Begegnung, ein taumelndes Drumherumreden ums Vielleicht der konkreten Erfahrung. Und während sich da einer scheinbar vor allem mit sich selbst abmüht, beschwört er unversehens glückheischende Momente der Annäherung zweier Menschen herauf, die als Sprachgebilde fast plastisch im Raum stehen. In Martin Heckmanns Text erscheint die Verbindung zu einem anderen Menschen als außergewöhnlicher Zustand, den es zwar zu erreichen gilt, der aber auch Angst und Druck auslöst: Wie überwindet man die Grenze? Wie macht man den Anfang?

Heckmanns FINNISCH ist ein Stück über das Warten auf einen Anfang. Regisseur Christopher-Fares Köhler inszeniert – am Anfang seiner eigenen Theaterlaufbahn – das mittlerweile fünfzehn Jahre alte Theaterstück und eines der ersten von Heckmanns, als poetische Raumchoreografie. Drei Spieler übertragen den facettenreichen Monolog in ein fantastisches Beziehungsgeflecht mit Live-Musik.

Mit Polyxeni Angelidou, Jon Schnäcker, Theresa Schlesinger (Loucielle). Regie: Christopher-Fares Köhler. Dramaturgie: Lisa Günther. Choreographie: Polyxeni Angelidou. Musik: Loucielle.

Kopie und Abfall

Barbarellapark: ein Stück von copy & waste. Der Name ist Programm. Ein Canastaabend wäre vermutlich spannender gewesen. Ergo: Die Parodie geht voll auf. Im Theaterdiscounter. Großartiges Bühnenbild von Silke Bauer.

Barbarellapark ist ein Musical über Mobilität, Sex und Verwirrung – aber warum, weiß gerade niemand mehr. Irgendwie sind alle verloren in jenem Land, das Geschwindigkeit heißt. copy & waste erzählen uns die Tourgeschichte der Erfolgsshow.

barbarella-parkWie im Pop-Film-Klassiker von 1968 rettet Barbarella auch in der Musical-Adaption das Universum – naiv und freizügig unter Einsatz aller sexuellen Waffen. Allerdings geht es nicht mehr um den interplanetaren Frieden. Barbarella kurbelt jetzt die Weltwirtschaft an. Sie soll den flexiblen und mobilen Arbeitsstil der creative class im gesamten Universum verbreiten.

barbarellaparkDieses Programm kann die Musical-Truppe nach zehnjähriger Auftritts-Odyssee heute nicht mehr unterschreiben. Seit Jahren immer auf- und abbauen. Zelte aufschlagen für gefühlte Sekunden. Und abbauen und auf. Die Proben stets im ausgedienten LKW einer Umzugsfirma, auf einem Parkplatz oder am Rande eines Jahrmarkts neben dem Autoscooter. Aber die Show läuft gut.

barbarellapark-musicalDerweil beginnen die wichtigen Diskussionen erst nach dem Applaus: Wer will und muss warum gehen, und ist das Freiheit oder Flucht? Und kommt man eigentlich jemals woanders an, oder ist das mit der eigenen Biografie so, wie wenn man von Essen nach Dortmund fährt und dann doch wieder in der gleichen Fußgängerzone steht?“

Mit Janna Horstmann, Cathrin Romeis, Sebastian Straub, Sebastian Thiers, Lisa Flachmeyer. Text: Jörg Albrecht. Regie: Steffen Klewar. Dramaturgie: Wilma Renfordt. Musik: Matthias Grübel. Bühne: Silke Bauer.

Nepal à la Krähenbühl

Ein Abend voller Verständnisschwierigkeiten. Tolles Bühnenbild!

/ ein semidokumentarisches Road-Drama

nepal_td1977 reist ein kleiner Junge mit seiner Familie nach Kathmandu. Sein Vater wird dort Hängebrücken bauen. Heute ist dieser Junge älter als der Vater damals, und obwohl die Familie nach einigen Jahren wieder in die Schweiz gezogen ist, hat ihn Nepal nie ganz losgelassen. Jetzt ist er zurückgekehrt in das Land seiner Kindheit und hat versucht zu verstehen, wie es dazu kam, dass dieser fremde Ort ein Teil seiner Erinnerung wurde. Er hat die Brücke gesucht, die sein Vater einst über den Kali Gandaki baute, hat mit Entwicklungshelfern, Ethnologen, Musikern, Schriftstellern, Busfahrern und Schauspielern gesprochen. An der Seite der Göttin Durga hat er gegen den Dämonenkönig gekämpft und wurde auf der Suche nach dem Haus seiner Kindheit vom Moloch Kathmandu verschluckt.

nepal_roadAus den Bildern, Tönen und Texten, die er von dieser Reise mitgebracht hat, baut er eine interkontinentale Theatermaschine, die Traumbilder ausspuckt und Musik produziert und dabei die Frage aufwirft, wie es dazu kam, dass wir die sind, die wir sind, und ob es Orte gibt, wo wir hingehören. Idee/Spiel: Sebastian Krähenbühl, Regie: Lukas Bangerter, Bühne: Petra Kenneth, Lukas Bangerter.

Im Theaterdiscounter.

Ich bin schwarz

KoNGOland: eine fesselnde Entlarvung des lukrativen Business „Entwicklungszusammenarbeit“. Spannender Einblick, fein pointiert ironisch, sarkastisch, ernstgemeint zugleich; eine Operation am offenen Herzen, im Theaterdiscounter.

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KoNGOland / eine theatrale Fallstudie

kongolandWeiß hilft Schwarz. Helfen ist heilsam, denn dann können wir etwas tun. Von uns für Afrika. Aus Gesprächen mit deutschen Expats und Entwicklungszusammenarbeitern montiert Nina Gühlstorff den Text zu einer aktuellen Theaterstudie über den Glauben ans Helfen. KoNGOland zeichnet das Netz einer strahlenden Charity-Kultur, wie sie uns gefällt. Und es mag am deutschen Wesen, einmal noch die Welt genesen.

die-welt-wird-schwarzAuf der Bühne steht der deutsche Brunnenbauer in Afrika. Er ist auch Expat, NGO-Mitarbeiter, Entsendeorganisation, Aussteiger und Kulturbotschafter. Er betreibt Technologie-, Wissens- oder Bildungsexport, sammelt Hilfsgüter und Spenden und kennt die Transportwege in Richtung Global South. Er hat aus seinen Vorstellungen und in seinen Warenlagern ein Land entwickelt, von dem er hier als KoNGOland berichten wird.

kongoland-stueckDer Schauspieler Laurenz Leky war im Kongo unterwegs und erzählt von seinen Reisen und zahlreichen Begegnungen vor Ort. Im lebendigen Dialog mit den Zuschauern argumentiert er aus verschiedenen Sichtweisen und versucht die Dokumentation eines fiktiven Kongolands, bevor es vielleicht schon bald gänzlich verschwunden sein wird: „Die Welt wird schwarz“, prophezeit der Philosoph Achille Mbembe und entwickelt ein neues Weltbild. Leky macht uns auf ganz eigene Weise durch den unverstellten Blick zurück mit dieser Zukunft bekannt.

Beruf: Terrorist

/ multimediales Bootcamp zu Antiislamismus und Jihadismus

Seit einem Jahr hat sich der Performer äußerlich und innerlich der islamistischen Szene angenähert, sich eingefühlt und kundig getan heute nun präsentiert er einen Zwischenstand seiner Metamorphose. Im Mittelpunkt der Publikumspräsentation stehen Ausbildung und Trainingseinheiten. Mit leuchtenden Augen beschreibt der Performer einerseits die Ästhetik eines Anders Breivik, andererseits die lächerlich anmutende Agitation verschiedener Salafisten und Islamisten. Entstanden ist ein durchaus interessanter Beitrag zum Thema „Empathie für Hassprediger“, aber eben auch eine teils schwer nachvollziehbare „Recherche“-Arbeit ohne besonderen Erkenntnisgewinn. Im Theaterdiscounter.

„Im kommenden Bürgerkrieg willst Du nicht zwischen den Fronten aufgerieben werden. Was tun? Die Gegner der Demokratie ernst nehmen heißt, Integration als virtuelle Kampftechnik zu kultivieren. Du bist Anders Breivik, du bist Dennis Cuspert, du bist die Pegida, du bist Al-Qaida, du bist Charlie Hebdo, du bist tolerant.“ (aus dem Produktflyer des ANDERS™-Systems)

andersbootcampIm Sommer 2011 zündete Anders B. in Oslo eine Autobombe und erschoss anschließend auf der Insel Utøya mehr als 60 junge TeilnehmerInnen eines sozialdemokratischen Nachwuchs-Camps. Wenige Monate später zog die Polizei aus einem halb verbrannten Wohnmobil in Eisenach den NSU in die deutsche Öffentlichkeit, während sich in einer Hinterhofmoschee in Solingen die Millatu-Ibrahim gründete, deren führende Mitglieder mittlerweile für den „Islamischen Staat“ kämpfen.

anders_internilSeit Anfang 2014 wühlt der Berliner Kulturschaffende Arne V. im Auftrag von internil in einem Haufen islamfeindlicher und jihadistischer Propaganda. Als waschechter weißer männlicher einsamer Kulturwolf trainiert er Muskeln und Hirn, studiert Schriften und Videos, verleibt sich täglich im Internet die großen Hasschöre des postpolitischen Deutschlands ein. Er arbeitet hart an seiner Zukunftsfähigkeit und einer neuen Erfolgsperformance für internil. Seine Fortschritte dokumentiert er unter http://anders.internil.net.

anders-bootcamp-tdIn den letzten Monaten haben auf deutschen Straßen „Hooligans gegen Salafisten“ und „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlands“ demonstriert. Der IS veröffentlichte ein Video, in dem Deutschlands berühmtester Jihad-Propagandist Dennis C. einen frisch abgeschnittenen menschlichen Kopf in der Hand hält. Wir hätten Charlie gewesen sein können. Täglich tobt sich in den Kommentaren deutscher Zeitungen und Online-Medien eine Aggression aus, die nicht neu ist, aber sich zunehmend organisiert. Politikmüdigkeit in Deutschland? Dann hoffen wir lieber, dass niemand aufwacht.

Februar 2015: Angesichts der jüngsten Entwicklungen am Extremismus-Markt hat internil beschlossen, in die konzeptuelle Offensive zu gehen. Um sich neben PEGIDA als weiterer Newcomer auf dem politischen Bildungsmarkt zu etablieren, wurden Arnes authentische Erfahrungen zu einem theatralischen Dienstleistungsprodukt weiterentwickelt. Erstmals präsentieren er und seine Klone (inter)kulturell interessierten Gästen nun die Coaching-Module des ANDERS™-Systems. Im kurzweiligen Pecha-Kucha-Bootcamp-Format können Sie im Theaterdiscounter aktiv islamfeindliche, jihadistische und kulturmarxistische Extremismen trainieren und Ihre politischen Verdrängungskapazitäten testen.

Fight Palast

Ein kurzweiliges, exzellent gespieltes, überraschend sinnreich-politisches Schaustück aus der Schweiz: handfest, herzlich, hieb- und stichfest. Von und mit Dennis Schwabenland, Christoph Keller und Nina Mariel Kohler, im Theaterdiscounter.

/ auf den Spuren der Generation Y: Join the Club!

Sind aufgewacht und haben diese #wutimbauch:

Wer macht mit? #aufdiefresse! #PENGPENG!

Keiner braucht die #zermürbendenroutinen und #wiederkehrendenmuster unseres Alltags, die #selbstlügen und unsere #beschissenendigitalen:-)profile! Wir geben nen Fick auf #moralischeselbstkontrolle und #hipster-narzissten!

Wir sind nicht frei, wir sind #generationY! ROFL! #hashtag

Wir werden selbst zum #FIGHT! Palast: #workout #training #kämpfen @abgefuckte_Mucki-Bude & @Drecks-Prekariats-Nebenjob! $$$

Lust auf Deine #animalischbrutaleseite und Deine #zerstörungskraft! #lassesraus

Wer eignet sich? Wirst DU aufgenommen? #membersonly!?

fightpalast_tdPENG! Palast kreiert seine eigene Kampfarena, lebt seine unterdrückten Sehnsüchte aus und geht durch die eigenen idealistischen Utopien k.o.! Bisher eher kampfunerprobt experimentierten PENG! Palast mit Strategien und Aktionen des Kultromans Fight Club und stürzten sich in wochenlanges knochenhartes Kampftraining von Kickboxen über K1 bis zu Muay Thai.

fightpalastFür FIGHT! Palast wurden eigene Erfahrungen mit mies bezahlten Nebenjobs, stinkig-stickigen Kickboxkellern und persönliche Erlebnisse aus kuschligen Selbsthilfegruppen mit Szenen aus dem 90er Jahre Roman verwoben. Der Kultroman der Generation X beweist sich dabei als überraschend praxistauglich für eine kritische Auseinandersetzung mit der vermeintlichen Freiheit und Selbstbestimmung der Generation Y.

Nur wer das Risiko einer Niederlage eingeht, kann auch siegen. Join the Club!

Das große Spekulantenlynchen

Eine Bande Grandes Dames wehrt sich gegen die Vertreibung aus ihrem Bohème-Viertel. „Wir oder Ihr!“ skandieren sie und ertränken die Spekulanten in den Pariser Kanälen. Das Ensemble Mariakron versetzt die unauffällig brutale Boulevardkomödie von Jean Giraudoux von der Seine an die Spree und inszeniert sie als Schlachtfest gegen urbane Durchschnittlichkeit.

die-irre-von-chaillotCornelius Schwalm radikalisiert das betulich angestaubte Theaterstück für die lokal-emanzipative Verwertung. Seine Inszenierung diagnostiziert jene sich über Berlin stülpende neuartige Ordnung, die droht, unseren sympathischen Moloch in die politisch-gesellschaftliche Seelenlosigkeit anderer Städte einzureihen. Durch die Aufwertung ganzer Viertel gedeiht eine leicht zufriedenstellende Klientel und die Unbequemen werden an den (Stadt-)Rand gedrückt. Peu à peu werden Freiheit, Chaos und das raue Temperament Berlins überpinselt und glatt geputzt. Schnödes Ruhemonopol der Besitzer statt tönende Clubseeligkeit der Bewohner. Oder zertrampelt der Durchschnittliche die Phantasten, die Lichtscheuen, die Seltsamen-Einsamen, die Träumer und nachgiebig Nicht-Integrierbaren?

Die ausgemachten Zerstörer werden in einem knallharten Schauprozess zum Tode verurteilt und Berlin aus dem Würgegriff befreit. Klappe zu, Kapitalist tot: Die Guten haben über die Bösen gesiegt. So einfach ist das. Die Spekulanten-Makler-Besitzer-Spießer verwesen im Keller, oben errichten wir romantische Inseln. Dem Aufbruch in eine ungewisse, aber neue Zukunft steht am Ende dieses Abends jedenfalls nichts mehr im Wege.

Mit Silvina Buchbauer, Mareile Metzner, Robert Rating, Anne Retzlaff, Matthias Rheinheimer und Verena Unbehaun, im Theaterdiscounter.

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