(K)Ein Sommernachtstraum

Ein Spectaculum nach Shakespeares Geschmack, vermutlich.

Das Publikum erhält Einlass über die Bühne, wo es mit Sekt und erotischen Anspielungen begrüßt wird.

Constanza Macras und Thomas Ostermeier bieten hier eine Melange aus Gesellschaftskritik, inszenatorischem Feuerwerk, gefühligen Momenten, eindringlicher Erniedrigungen und glasklarer Wollust. Zum Zwecke der Kapitalismuskritik schweben unter der Plattform der zweiten Bühnenebene zahllose Werbeballons, die während des Spiels in Bewegung geraten, durch die Szenen schweben oder davonfliegen.

Als Bühnenkulisse wurde eine moderne Schalenfassade gewählt, wie man sie in etwa von der abgetragenen Lochfassade (Wabenfassade) des seit letztem Jahr verunstalteten „Kaufhof am Alexanderplatz“ her kennt.

Klar bleibt während des gesamten Stückes, dass Macras und Ostermeier keine Lust haben, dem üblichen Bedürfnis nach weiblicher Nacktheit allzusehr nachzukommen, wohl auch deshalb setzen sie hier mehr auf die männliche Blöße.

Fantastische Kostümierungen, sensible und stürmische Choreografien sowie eine ausgeprägte Individualität der Schauspieler machen das Stück ausdrucksstark. Musikalische Begleitung erfährt es durch eine Art Punkband, deren Sänger hin und wieder die Bühne entert und dann durch seine technisch wie emotional außergewöhnliche Stimme begeistert.

Am Ende ist der Jubel verhalten und die Gründe dafür bleiben eigentlich unklar. Einerseits hat das Stück zwar vor Allem auf eine bunte, bonbonfarbene Lüsternheit abgezielt, die meist in schnellen Wechseln über die Bühne tobt, was als etwas zu vordergründig ausgelegt werden könnte, andererseits dürfen wir uns mehr als glücklich schätzen, exklusiv dem zeitgenössisch modernen Schaffen von Macras und Ostermeier beiwohnen zu können.

Vielleicht sind wir in Berlin zu verwöhnt, fühlen uns von diesem Stück nicht genügend gefordert, oder vielleicht waren ja doch viele Zuschauer überfordert oder fühlten sich von den freizügigen Exzessen beleidigt. Wer kann da schon hinter die Fassade blicken.

William Shakespeare (Porträt von Martin Droeshout) Ein Sommernachtstraum Frei nach William Shakespeare Constanza Macras und Thomas Ostermeier

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