Wie geht es eigentlich den 4 „Terroristen“?

Rechtsstaat adé – aber gab es dich je?

„Den Umständen entsprechend gut“ gehe es Andrej Holm, so seine Anwältin. Ansonsten, so scheint es, lässt sich die Frage nur schwer beantworten, denn Andrej kann aus einer 3 mal 3 Meter großen Luxusherberge in Moabit heraus keinen Kontakt zur Außenwelt aufnehmen – und umgekehrt. Allein die Anwältin kann – äußerst eingeschränkt – mit ihm kommunizieren. Und was sie am Dienstag im New Yorck von Andrej und den drei weiteren Gefangenen zu berichten wusste, das wirft ein hässliches Licht auf das, was wir „Rechtsstaat“ nennen sollen:

Wenn Andrej Liegestütze machen will, um sich die Zeit zu vertreiben oder um sich einfach etwas zu bewegen, dann muss er alle Möbelstücke seiner Zelle umstellen, um genug Platz zu gewinnen. 23 Stunden am Tag bringt er auf engstem Raum alleine zu, 1 Stunde lang darf er in Begleitung im Hof umherlaufen. Einen Sozialwissenschaftler haben wohl auch die wenigsten Gefängnisaufseher je in einer Zelle gesehen. Einer der Wachtmeister fängt an, sich zu interessieren und befragt ihn nun immer mal zu den Tätigkeiten so eines Sozialwissenschaftlers. Eine Wachtmeisterin hingegen macht Stress: Da Andrej seit vielen Tagen unentwegt schreibt, ist sein Kugelschreiber verbraucht. Daher bittet er also die Wachtmeisterin, bei Gelegenheit einen neuen Stift mitzubringen. Sie aber entgegenet: „Stellen Sie einen Antrag!“ Das Problem dabei ist, dass auf diese Weise mit einem neuen Stift erst in Wochen zu rechnen ist.

Auch bei der Darreichung der Getränke gab es Schikanen: Da Andrej die Regeln zur Entgegennahme nicht bekannt waren, hatte er zunächst auf Tee zu verzichten. Da die Gefängnis-Bibliothek leider nur Werke bis 1965 bietet, hat er nun Bücher bestellt. Diese müssen eingeschweißt sein und direkt vom Verlag versandt werden. Die Anwältin zeigt sich überrascht darüber, dass Andrej statt unterhaltsamer Bücher eine schwere Kost bevorzugt und offenbar auch unter den widrigsten Bedingungen noch weiter zu arbeiten versucht. Bislang allerdings ist noch nicht einmal die „Verteidigerpost“ angekommen. Die Mühlen mahlen langsam, alles wird strengstens kontrolliert. Bei den Besprechungen – durch eine Glastrennscheibe hindurch – sitzen neben der Anwältin stets zwei BKA-Beamte, die jedes Wort mitschreiben. Neben Andrej steht permanent ein Wachtmeister. Die Lebensgefährtin wurde gar aufgefordert, lauter zu sprechen und konspirative Gespräche zu unterlassen; sie wisse schon, was damit gemeint sei. Die Mutter dreier Kinder wird Mühe gehabt haben, keinen Nervenzusammenbruch zu erleiden. Ähnlich wohl wird es ihrem einsitzenden Lebensgefährten gegangen sein, bevor er dann am vergangenen Freitag zum ersten und bislang einzigen Male duschen durfte. Das sog. Haftkonto indes hat sich ein wenig gefüllt, nun können auch Radio- und TV-Benutzung bezahlt werden. Der einzige menschliche Kontakt im Gefängnis besteht offenbar zu einem Drogendealer, der bereits seit Jahren dort schmort.

Wenn Andrej am nächsten Freitag zum Haftprüfungstermin mit dem Hubschrauber nach Karlsruhe geflogen wird, dann kann er sich gegenüber so manchem Mitgefangenen noch glücklich schätzen. Seine ansonsten schikanöse Sonderbehandlung als „Terrorist“ hat den Vorzug, dass er nicht auf dem sonst üblichen Weg transportiert und verlegt wird. Das sog. „Kaschuben“ bedeutet, dass die Gefangenen von einem Bundesland ins nächste verlegt werden, bis sie am Ziel angekommen sind. Auf diese Weise machen sie auf ihrer bis zu zweieinhalb Wochen langen Odyssee die Bekanntschaft unzähliger Gefängnisse, samt Personal und Häftlingen.

Die im gleichen Zusammenhang vor zweieinhalb Wochen Festgenommenen – Florian L., Oliver R. und Axel H. – haben bereits bei der ersten Überstellung nach Karlsruhe etwas Denkwürdiges durchlebt: Nach ihrer Verhaftung waren sie entkleidet und in Overalls gesteckt worden, die aus einem Papierstoff bestehen. Diese hatten sie tagelang zu tragen. Als sie dann in zerrissener „Kleidung“ dem Haftrichter vorgeführt wurden, konnte man sämtliche Körperteile sehen. Die AnwältInnen protestierten scharf. Der Richter zeigte ein Entgegenkommen und ließ Kleidung bringen.

Wie aus den 35 großen Leitz-Ordnern hervorgeht, die das BKA zum Fall angelegt hat, geht aus den dort gesammelten Materialien offenbar gerade genau gar nichts hervor, das für eine Anklageschrift auch nur annähernd reichen könnte. Die zunächst befasste Richterin äußerte auf Nachfrage einen der vielen wissenschaftlichen Verdachtsmomente – und zwar sei das Wort „Gentrification“, welches die Richterin dabei offensichtlich zum ersten Mal in ihrem Leben aussprach, ein wichtiges Indiz gegen Andrej, weil es auch in den Schreiben der sog. mg (militante gruppe) zu finden sei: „Aha, das ist ja doch auffällig“, soll sie geäußert haben. Am Freitag nun wird das Gericht den Weg weisen; kommt Andrej dann nicht frei, wird er noch sehr lang im Gefängnis zubringen müssen – weiterhin unter den Sonderbedingungen für Terroristen – da mit einem Auftakt erst in 6 oder 7 Monaten und mit dem Prozessbeginn erst in einem Jahr zu rechnen wäre.

Viele der Studis, KollegInnen und MitarbeiterInnen, die sich im New Yorck des Bethanien zu diesem zweiten Treffen versammelt haben und den Worten der Anwältin lauschen, mögen lange angenommen haben, dass die Vorwürfe gegen Andrej von der Bekanntschaft zu den drei Verhafteten abhängen, die bei dem Versuch, unter Bundeswehr-Fahrzeugen Feuer zu legen, aufgegriffen worden sein sollen. HU-Kollege Professor Häußermann offenbahrt dazu seine Gedanken: Er habe bislang eher angenommen, dass Andrej sich von den Anderen habe „infizieren“ lassen. Hier spricht die „geistige Elite“. Rette sich, wer kann! Doch die Anwältin gibt zu bedenken: „Der mg-Vorwurf hängt nur an Andrej.“ Er und drei weitere Wissenschaftler, unter ihnen Matthias B., seien – aus Sicht des BKA – die militante Gruppe. Die mutmaßlichen Brandstifter hingegen seien lediglich im Verdacht, als Handlanger dieser angeblich terroristischen Vereinigung zu fungieren. Ihnen wird vorgeworfen, Andrej zu kennen. Und zwar soll dieser sich Anfang des Jahres zweimal konspirativ mit Forian L. getroffen haben. Ein Abhörversuch des BKA misslang, daher ist vollkommen unbekannt, über was gesprochen wurde. Aber: „Ein Terrorist trifft sich mit einem Brandstifter – dann muss es sich um eine terroristische Vereinigung handeln.“, so die Anwältin lakonisch. Über die Bekanntschaft zu Andrej gerieten die Drei (Anm.: zumindest Florian L.) ebenfalls in den Fokus der Ermittlungen und wurden observiert, bis sie dann bei der versuchten Brandstiftung verhaftet wurden. Die verdächtigen Wissenschaftler blieben bislang auf freiem Fuß, weil trotz Hausdurchsuchung keine Hinweise gegen sie gefunden wurden, während Andrej offenbar lediglich das Pech hatte, dass das BKA das Glück hatte, besagten Florian L. auf frischer Tat zu schnappen.

Sehr gut möglich ist auch, dass neben dem offensichtlich nicht beschuldbaren Andrej H. auch Florian L., Oliver R. und Axel H. nicht zu der vom BKA seit Langem vergeblich gesuchten – und möglicherweise sogar vom BKA herbeikonstruierten – militanten Gruppe (mg) gehören. Viel wahrscheinlicher hingegen ist, dass die Gruppen, die Bekennerschreiben verfasst haben, schlichtweg bei Andrej abgeschrieben haben. Aber auch hierzu gibt es offenbar nicht einmal konkrete Bezüge, die über die Verwendung von Begriffen wie Gentrification hinausgehen.

Die Bundesanwaltschaft steht nun also kurz vor einer der größten Blamagen ihrer Geschichte. Spannend wird auch sein, wie sich BKA und Justiz aus ihrer (Un-) Verantwortlichkeit winden werden. Zum Schluss noch diese vier Hinweise:

1) Eine Spaltung der Bemühungen für die vier unter Terrorismusverdacht Stehenden ist ausdrücklich nicht wünschenswert.

2) Der § 129a wurde – entgegen anders lautenden Behauptungen – unter der rot-grünen Bundesregierung nicht ent-, sondern verschärft und dabei u. a. um die Verdachtsgründe „Computersabotage“ und „Störung von Kommunikationsanlagen“ erweitert.

3) Am Sonntag Abend beschäftigt sich das ARD-Magazin ttt (Titel, Thesen, Temperamente) mit dem Fall.

4) Wer bei aller Wut auf die Gefängnisbehandlung und die Willkür der Vorwürfe – nicht allein, aber im Besonderen gegen eine kritische Wissenschaft – noch die Kraft findet, einen Brief an den zuständigen Bundesgerichtshof aufzusetzen, kann diesen z. B. wie folgt adressieren: Andrej Holm, c/o Ermittlungsrichter Ulrich Hebenstreit, Herrenstraße 45, 76133 Karlsruhe.

Weichkochend. Bissfest. Très dangereuse.

Dass die kleine Kartoffel nun die große WWW-Bühne betritt und darauf den Alltagswahnsinn in Szene setzt, ist ein freudiges Ereignis, dass sich schon allein beim Anblick der fantastischen Abbilder ihrerselbst zu einer hellen Begeisterung auswächst und in Zukunft bestimmt für so manchen Sturm der Beglückung und auch – das sei hier ebenso prophezeit – für die eine oder andere Entrüstung sorgen wird.

Berührungsängste hat die große kleine La Petite Patate nämlich nie gehabt, während ich für Andere noch eine viel zu heiße Kartoffel war.

Willkommen in der Familie! Es drückt Dich – sanft genug –

Die Ostprinzessin

La Petite Patate La Petite Patate

Heinrich Böll verhaftet

Frage*:

Vor zwei Wochen wurde der Sozialwissenschaftler Andrej H. festgenommen. Nun wurde der Schriftsteller und Übersetzer Heinrich B. verhaftet. Welcher Tat wird Heinrich B. beschuldigt?

Antwort* (BKA und Bundesanwaltschaft):

Heinrich B. ist nach § 129a StGB dringend tatverdächtig, intellektueller Vordenker der linksterroristischen Vereinigung mg (militante gruppe) zu sein. Aufgrund seines permanenten Zugangs zu Bibliotheken – weltweit – und seiner dort vorzufindenden Schmähschriften verfügt er über die sachlichen und intellektuellen Voraussetzungen, die für das Verfassen der vergleichsweise anspruchsvollen Texte der militanten Gruppe erforderlich sind. Heinrich B. muss daher als Rädelsführer der militanten Gruppe um die Brandstifter Florian L., Oliver R. und Axel H. angesehen werden. Die Veröffentlichung „Ende einer Dienstfahrt“ kann als zweifelsfreier Hinweis auf die Mitgliedschaft zu dieser gefährlichen, seit sieben Jahren die Grundfeste der staatlichen Ordnung erschütternden, terroristischen Vereinigung festgestellt werden. In „Ende einer Dienstfahrt“ befürwortet er die Militanz nicht nur, sondern verleiht ihr eine moralische Legitimation. Für sachdienliche Hinweise, die zur Ergreifung des flüchtigen, dringend tatverdächtigen Heinrich B. führen, ist eine Belohnung von bis zu 500.000 Euro ausgesetzt.

Wer dies liest, ist Terrorist.

„Johann und Georg Gruhl, Vater und Sohn, sind Möbeltischler. Johann Gruhl hat erhebliche Steuerschulden angehäuft; seine Situation verschlechtert sich, als sein Sohn zur Bundeswehr eingezogen wird. Am Ende seiner Dienstzeit erhält Georg Gruhl den Befehl, durch ziellose Fahrten mit einem Jeep den für die routinemäßige Inspektion erforderlichen Tachometerstand zu erzeugen, fährt aber stattdessen nach Hause. Gemeinsam präparieren Vater und Sohn Gruhl den Jeep und verbrennen ihn unter Absingen von Litaneien auf offener Straße. Vom örtlichen Amtsgericht werden sie zu vollem Schadensersatz und wegen groben Unfugs zu sechs Wochen Haft verurteilt.“ (Zusammenfassung aus der Wikipedia)

*Frage/Antwort fiktiv

Reine Geschmackssache – ?

Aber nein!

Reine Geschmacksache“ ist ein Film, der das Publikum nicht spaltet, sondern im Lachen vereint. Gewiss, nicht Jede/r wird jede Pointe vortrefflich finden, aber an diesem Film ist einfach Vieles außerordentlich gut gelungen. Mit viel Liebe wurden zahllose kleine Details eingefügt. Der Schnitt ist beherzt und kann durchweg überzeugen, die Handlungen können öfter mal überraschen. Lieblosigkeiten kommen eigentlich nicht vor.

Diesem Film gelingt es, das zu sein, was hierzulande sonst fast immer arg angestrengt wirkt: Eine Komödie.

„Wolfi, Handelsvertreter für Damenoberbekleidung, hat einen funkelnagelneuen Wagen, aber plötzlich ein Problem: Er hat keinen Führerschein mehr. Sein Sohn Karsten, frischgebackener Abiturient, hat eine Sprachreise nach Spanien gebucht, aber plötzlich ein Problem: Sein Vater hat keinen Führerschein mehr. Protestieren hilft nicht: Karsten wird zwangsverpflichtet, Wolfi samt Frühjahrskollektion durch die deutsche Provinz zu chauffieren.“

In Wahrheit geht es aber vor Allem auch um das Coming Out des Sohnes gegenüber seinen Eltern. Dass er sich in den übelsten Vertreter-Kollegen seines Vaters verliebt, gibt den Anlass, nach und nach für Klarheit zu sorgen. Bei aller Liebe zum Klischee tun sich auch ungewohnte Perspektiven und unverbrauchte Zuschreibungen auf. Wirklich umwerfend aber macht den Film seine herrlich ehrliche Umgebung: Eine baden-württembergische Einfamilienhaussiedlung der Siebziger. Das ganze Haus ist voller geschmacksferner Einrichtungselemente. Man könnte es so formulieren: Die größten Hits der 70er, 80er und 90er – und das Beste von heute. Alles erscheint äußerst realistisch. Wer glaubt, dass Natürlichkeit leicht ins Bild zu setzen ist, irrt vermutlich. Ob nun Edgar Selge oder Franziska Walser, die das Elternpaar spielen – die Inszenierung überzeugt durch eine fast peinliche Realitätsnähe.

Der schwule Sohn hingegen wird vom 19-jährigen Florian Bartholomäi in einer Weise verkörpert, die ihn von der Durchschnittlichkeit seiner (familiären) Umgebung abhebt: Er ist süß und sanft, bietet wenig Angriffsfläche. Während Edgar Selge in überragendem, ausgefeiltem Schauspiel in der Rolle des Vaters brilliert, der die üblichen Vorlieben hegt und ganz selbstverständlich den Errungenschaften des Kapitalismus nachhastet, dafür sogar Alles aufs Spiel setzt, besteht die vorrangige Aufgabe von Florian B. darin, attraktiv und putzig zu wirken, was ebenso gut gelingt, aber dann doch weitaus anspruchsloser erscheint. Etwas mehr Tiefe hätte bestimmt nichts daran geändert, dass das Publikum sich in ihn verliebt.

Die Nebenfiguren fallen besonders durch eine äußerst gelungene Überzeichnung ihrer Persönlichkeit auf. Die mit der Mutter befreundete Brigitta (Traute Hoess) wird urkomisch als dominanter Drag-Queen-Verschnitt in Szene gesetzt und ein kleiner, aber feiner Gastauftritt von Irm Hermann als Verkäuferin in einer Damen-Boutique endet mit einem unnachahmlichen Irm-Hermann-Gesichtsausdruck.

Keine Geschmackssache.
Eine gelungene Komödie – nicht mehr und nicht weniger.

Reine Geschmackssache

Schwule Klone

„Being Brian Kinney“ lautet das Motto der „Babylon“ getauften Party-Veranstaltung im Kulturzentrum Schlachthof in Bremen.

Etwa 1.000 fast ausnahmslos homophil-männliche Gäste können der Verlockung nicht widerstehen und erscheinen dort samt zahlreicher bester Freundinnen. Brian Kenney ist übrigens die Figur des vor Manneskraft strotzenden Hauptdarstellers der nordamerikanischen Fernsehserie „Queer as Folk“, die mittlerweile auch im hiesigen Fernsehen läuft. Darin angelt sich der attraktive und wohlhabende Aufreißer – meistens im angesagten Club Babylon – einen Typ nach dem anderen. Was für ein Vorbild!

Die Party-Veranstalter bieten neben einem akrobatischen GoGo-Tänzer auch eine ganz lustige Verwandlungsshow auf, in der ein Künstler nahezu sämtliche Diven des schwulen Musik-Himmels persifliert. Später dann moderiert die bekannte Hamburger Drag Queen Olivia Jones eine Wahl zur „Drag Queen Nordwest 2007“. Da die Show recht langweilig verstrich, sei hier nur erwähnt, dass eine postoperative, transsexuelle Kandidatin gewann. Dies erscheint zumindest überraschend, da normalerweise „Männer in Frauenkleidern“ solche Contests gewinnen.

Weniger überraschend ist der Blick ins Publikum: Wo sind nur all diese Klone ausgebrochen? Gewiss, vielleicht zwei oder drei Dutzend der Anwesenden könnte man wiedererkennen, wenn man ihnen auf der Straße begegnen würde, aber die große Mehrzahl der schwulen Männer jüngeren wie auch älteren Semesters pflegt offenbar eine nahezu identische Körperkultur, besucht den gleichen Friseur und bewegt sich eindeutig in den immer gleichen Konsumtempeln. Selbst ihr Gesichtsausdruck ist erschreckend ähnlich. Einheitlich übrigens auch der alternativlose Eintrittspreis: 10 Euro (!).

So viel Gleichförmigkeit überrascht ja gerade bei Menschen, die ihr Sein – abseits der Norm – an allen Ecken und Enden bewusst gemacht bekommen. Vermutlich lässt aber gerade die – offenbar ungeliebte – Hervorhebung des Andersseins die Normiertheit so attraktiv erscheinen. Außerdem kann man in der verwechselbaren Masse gut untertauchen – eine Überlebensstrategie?

Welche anderen Nöte treiben die schwulen Männer zu so viel Verlust an Individualität? Ein großer Schmerz muss hinter dieser Sucht nach Anpassung stehen. Das ist vermutlich auch gar nicht so verwunderlich, denn von allgemeiner Akzeptanz und Respekt kann noch längst nicht die Rede sein. Wie dem auch sei, es gibt in Bremen natürlich auch individuellere Schwuppen. Und als Berliner kann man – fast – aufatmen: Berlin ist ganz eindeutig zumindest die Hauptstadt der Alternativen.

Warum seht ihr alle gleich aus?

sagt und fragt die Ostprinzessin

Eintrittskarte Babylon; Olivia Jones Drag Queen Wahlzettel; Olivia Jones

Butter bei die Fische

Meine Güte!

Mahnungen und Warnungen, Ärgerlichkeit und Unverständnis – und zur vorläufigen Krönung wird der Ostprinzessin nun auch noch „Sentimentalität“ angekreidet.

Gefühle sind die unbekannte Gefahr. Sich alle Ebenen des Seins – auch die heiklen – zu erschließen, mag vielen Menschen unüblich und befremdlich erscheinen. Dass die politische Wahrnehmung als getrübt gilt, wenn – statt rationaler Solidarität – eine menschliche, intuitive und gefühlsbetonte Solidarität an der Bildoberfläche erscheint, ist zwar traurig, aber angesichts der – unseren gesellschaftlichen Grundbedingungen entspringenden – Erziehung zur Gefühlskälte und -begrenzung nicht verwunderlich. Muss ich das akzeptieren?

Was soll ich sagen? Das habe ich seit Langem befürchtet. Es beeindruckt mich zwar sehr, aber ich kann mich, wenn ich meinem Anspruch als Ostprinzessin auch nur zu 7 % gerecht werden will, den eingeschränkten Gefühlswelten anderer Menschen nicht anpassen – und ich will es auch gar nicht. Dass hier zudem ein Maß an politischer Korrektheit eingefordert wird, das meine Lust auf Gesellschaftsfähigkeit nun wirklich um etwa 77 Kilometer übersteigt, ist beinahe erschütternd.

Die Kaiserin des Westens empfiehlt uns – hierzu passend – „Goodbye Tristesse“ zur Lektüre. Die Rezension zumindest klingt vielversprechend. Was meinst du?

sagt und fragt die Ostprinzessin.

Schokokuchen ins Gefängnis

Man darf Andrej Holm keinen Kuchen bringen. Glück im Unglück: Der eingebackene Revolver wurde nicht entdeckt.

So haben wir den Kuchen eben selbst gegessen, während wir das – selbstredend terroristisch motivierte – Bürgerbegehren gegen die Verbauung der Spreeufer und gegen die Gentrifizierung* der angrenzenden Kieze vorbereitet haben.

Das Gefängnis in Moabit

*Achtung, dieser Begriff belegt eindeutig unsere Zugehörigkeit zu den Militanten Gruppen!

Wahrhaftigkeit lässt grüßen

S-Bahn-Linie 46, 5. August 2007:

Wenn ein Strassenfeger-Verkäufer von Wahrheit kündet, aufgebracht, und es ihm plötzlich nicht einmal mehr darum geht, eine Zeitung zu verkaufen – was bedeutet das dann?

Wenn er dann den Gedanken ausspricht, laut, dass viele die Wahrheit nicht hören wollen, während gerade viele die Wahrheit nicht hören wollen – was bedeutet das dann?

Wenn daraufhin, während die Vielen niederschauen, ein Einziger den Kopf hebt, ihm ins Gesicht sieht und sagt: „Da hast du schon Recht“ – was bedeutet das dann?

sagt und fragt die Ostprinzessin.
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Als Antwort-Anregung: Video der Ratten 07; Homepage der Ratten