Drinnen Lametta, draußen Unwille

Die Eröffnungsfeierlichkeiten zur O2 World sollten ein fetter Event werden – und wurden es, allerdings anders als gedacht. Viele Menschen in Berlin und drüber hinaus fühlten sich wahlweise an das reale Grauen vergessen geglaubter Inszenierungen der Nationalsozialisten oder an die noch heute real existierenden Inszenierungen des nordkoreanischen Regimes erinnert. Manche hängten den Maßstab ein wenig tiefer und sahen vor ihrem geistigen Auge eher Inszenierungen aus der Endzeit der SED-Parteidiktatur: Drinnen Lametta, draußen Unwille.

Größen aus Wirtschaft (Philip F. Anschutz), Politik (Klaus Wowereit) und Showbiz (nicht der Rede wert) bildeten die Basisausstattung für diese Inszenierung. Allerdings fehlten dieser die zum Jubeln gerufenen Massen. Diese blieben einfach zu Hause oder schauten kurz vorbei und suchten dann abgeschreckt und angeekelt das Weite. Bezeichnenderweise fiel das Volks-Fest aus und stattdessen ließ es sich das ganz unvölkische Volk nicht nehmen, mehr fest als festlich, den trotz blendend schönem Wetter zu Indoor-Feierlichkeiten degradierten Festivitäten einen Besuch abzustatten. Dass dabei draußen geblieben werden musste, lag in der Logik der Feiernden drinnen. Aus Angst vor Kaviarklauern und anderen Spaßverderbern hatten nicht alle Geladenen den Weg in die Höhle der inszenierten Fröhlichkeit gefunden. Und die, die es sich nicht nehmen lassen wollten, ließen sich gern mit Falschmeldungen füttern, die ihnen den erschreckend großen Einsatz von paramilitärischen Einheiten – genannt Polizei – und deren massives Durchgreifen erklären sollte. Es wurde einfach behauptet, dass es einen Anschlag gegeben habe und überhaupt seien die Krawallieros wieder mal besonders krawallig. Dass das mit der Wahrheit nun wirklich gar nichts mehr gemein hatte, interessierte vornehmlich nicht.

Die Wahrheit indes sah schlicht und ergreifend aus: Über 1.000 Menschen sammeln sich am Kottbusser Tor in Kreuzberg, ziehen strengstens bewacht bis vor die verschlossenen Tore der O2 World in Friedrichshain bzw. werden an den äußeren Außengrenzen des Areals gestoppt; daraufhin suchen und finden mehrere hundert Menschen andere Wege und machen sich dann lautstark vor der O2-World-Halle bemerkbar. Da diese Menschen und ihre Anliegen von der Moderation der dort befindlichen Spreeradio-Bühne verschwiegen werden, suchen ein paar von ihnen den direkten Weg in den Äther und werden daraufhin von der Polizei unter Lebensgefahr von der Bühne geschmissen – und zwar nicht nur sinngemäß.

In der gesamten Umgebung – über mehrere Quadratkilometer verteilt – blockierten derweil mehrere hundert Andere die Wege in den Kommerztempel. Krawalle gab es keine, aber viel Mut zum Unmut, viel zivilen Ungehorsam und viel Spaß bei der Begleitung der inszenierten Spaßveranstaltung, welche schlussendlich in einem Feuerwerk ohne Publikumsbeteiligung verrauchte. Immerhin: 6 der Abriss Activists waren mit dabeijewesen – mit Kostümierung und ohne, mit Redebeitrag und ohne, vor den Straßensperren und dahinter. Eine von ihnen nahm noch bei einer Veranstaltung der Basis der Die Linke teil, zu der sich der Bezirks-Fraktionsvorsitzende Lothar Schüßler jedoch nicht hintraute. Mit Recht: Der Groll gegen die Mediaspree-Planungen, die nach wie vor von der Partei Die Linke verteidigt werden, war dort allgegenwärtig.

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