Wer Shelly Phillips begegnet, wird kaum umhinkommen, das Attribut „süß“ zu gebrauchen, es wenigstens aber zu denken, gleichwohl die Frontfrau der Nachwuchsband Kein Frühstück auch das auf Standby geschaltete innere Raubtier nicht verhehlt. Bühnenluft macht Zaubern, und genau dies ist das Metier von Shelly Phillips – stets unter Strom und doch bedacht, beobachtend, verletzlich, ein nahbares Wesen. Gegen zuviel Nähe schützt eine stabile Fassade; Shelly weiß, wie man Posen einnimmt – welche davon sie selber zeigen, bleibt für den Betrachter unklar und vielleicht weiß auch sie selbst es nicht immer ganz genau.
Zwar spielte die Band bei ihrem Auftritt zur queeren 10:15 Tuesday Night by Ackerkeller etwas arg laut und damit um einiges zu dröhnend auf, verlor dadurch im Ausdruck an Tiefe und an Virtuosität, doch ein Fiasko kam für die selbstbewusste Shelly nicht in Frage, und so entertainte und motivierte sie das Publikum, sich und die Band so unnachgiebig, dass sich schließlich doch noch ein wertvoller Teil der eigentlichen Energie ihrer Performance zu entfalten vermochte. Unter den zahlreich erschienenen Gästen jedenfalls fanden sich sofort Neubegeisterte, welche denn auch gleich mit einer Shelly pur belohnt wurden, die einfach ihre gerade noch interpretierte Bühnenrolle gegen eine andere auswechselte und hernach mit von ihr in deutscher Sprache verfassten Liebesliedern aufwartete. Die Gitarre in der Hand, die Roheit des Raubtiers gegen aufrichtige Zärtlichkeit und fragilen Sanftmut getauscht, spürte dann am Ende auch der letzte, dass diese große kleine Person aus Oberfranken, die auf Initiative des befreundeten Künstlers M. A. D. und der Ostprinzessin zum ersten Berlin-Auftritt anreiste, es offenbar wirklich wissen will.
Bereits in der Berliner Silvesternacht hatten Shelly Phillips und Band nicht vom Zaubern lassen können und beim privaten Wohnungsfest in der Torstraße sich selbst wie auch dem gleichermaßen überraschten Publikum ein besonderes Erlebnis beschert. Was als einfacher Soundcheck begann, entsponn sich zum halbstündigen Auftritt vor wachsendem Publikum. Auch die für die Moderation der Silvesternacht angeheuerten, in Berlin weltberühmten Heroen legendärer Untergrundkultur, Gisela Sommer und Inge Borg, wippten im Takt und ließen sich die Show gern stehlen.
Von Shelly Phillips wird man noch hören. Möge sie ein glückliches Händchen haben, sich und uns die Tiefe gönnen, die ihr innewohnt, und immer einen passenden Zauberspruch parat haben!