Manche rufen Bravo, andere klatschen lau. Die schweizerische Gemächlichkeit jedenfalls zeigt Wirkung. Von und mit Sebastian Krähenbühl. Im TD.
Nach dem Tod seiner Großmutter 2006 entdeckt Sebastian Krähenbühl, dass sie ihr Leben umfangreich und sorgfältig dokumentiert hat: zahlreiche Tagebücher und Briefe, ein Theaterstück aus dem Jahre 1937 über Alkoholismus, Reden für Geburtstagsfeiern und Hochzeiten, akribische Protokolle über geleistete Garten- und Haushaltsarbeit liegen zeitlich geordnet, handgebunden und säuberlich beschriftet vor.
Er selbst dokumentierte in den Jahren vor ihrem Tod mit einer kleinen Kamera in größeren zeitlichen Abständen Gespräche, die er mit ihr führt. Er begibt sich auf eine Spurensuche nach Veränderungen, die sie in ihrer Persönlichkeit erfährt — und nach Erfahrungen, die Silvia in ihrem Leben gemacht hat. Diese beiden vorliegenden Dokumentationsysteme zeigen, wie sich die Großmutter in den letzten Jahren ihres Lebens verändert. Sie wird heiterer und leichter, aber auch unselbständiger. Allmählich vergisst sie ein bewegtes Leben. Und das Bild, das Sebastian von ihr hat, beginnt sich zu verzerren.
Aus dem umfangreichen Material, aus den Videoaufzeichnungen und aus persönlichen Erinnerungen entsteht eine Theaterarbeit, die verschiedenste Fragen aufwirft: Welche Wirklichkeit konstruieren die Aufzeichnungen? Kann man ein Leben überhaupt dokumentieren? Welchen Stellenwert hat dies angesichts des Vergessens und des verschwimmenden Erinnerungsvermögens? Zu wem wird die Grossmutter, wenn sie ihr Leben vergisst?