Meeting friends. Berlin, 2013
Willkommen in Oprien
Berlinreste retten!
Für den Erhalt der sog. East Side Gallery hier unterzeichnen.
Damit die Mauer bleibt, wo sie hingehört.
Langeweilespannung in jedem Atom
Ein inszenatorischer Grenzgang: lange Weilen, Einsamsein, hoch verdichtete Fragmente, frappante Finessen – interessant! Im TD, Berlin-Mitte.
< Constant Bliss In Every Atom (bliss: Glückseligkeit) zu spüren, stellt ein Lebensprojekt dar, dessen Unmöglichkeit uns allen angesichts unserer bisherigen Erfahrungen auf diesem Planeten ebenso selbstverständlich erscheint wie die mit nichts zu vergleichende Attraktivität seines Gelingens. Der US-amerikanische Autor David Foster Wallace hat, bevor er sich im Jahr 2008 von schweren Depressionen zerrüttet das Leben nahm, in seinem Fragment gebliebenen letzten Roman The Pale King eine Figur erschaffen, die uns provoziert, da sie genau dieses Projekt erfolgreich lebt. Das Beunruhigende an dieser Figur ist, dass ihre konstante Glückseligkeit gewissermaßen auf dem Friedhof all unserer westlichen Lebensgewohnheiten und Glücksvorstellungen wächst. Shane Drinion ist, von außen betrachtet, einsam. Er ist, von außen betrachtet, maybe the dullest human being currently alive. Er ist nicht attraktiv.
Er ist radikal unscheinbar, beinahe ein Nichts. Er ist zuhause in der Langeweile und hat dort, unbemerkt von allen, ein Königreich der Lebensfreude errichtet. Er hat für sich, im selbstgewählten Abseits, all die Probleme gelöst, mit denen sein Erfinder sich in seinem letzten Lebensjahrzehnt denkend und schreibend herumgeschlagen hat: Wie kann man das Erwachsenenleben mit all seinen Frustrationen und Routinen aushalten? Wie die Einsamkeit bekämpfen? Wie kann man, um Himmels willen, andere Menschen oder sogar sich selbst wirklich lieben?
Die Erkenntnisse, die der Autor aus diesem Kampf getragen hat, den er als Mensch am Ende nicht gewinnen konnte, haben wir zum Gegenstand unserer Probenarbeit gemacht — und uns nach seinem Helden Shane Drinion benannt. Was auf der Bühne zu sehen sein wird, ist nicht eine Eins-zu-Eins-Aufführung von Wallace’ Texten. Es ist das Ergebnis unserer Lektüre davon. Es ist der Versuch, eine neue Art zu finden, literarische Texte auf die Bühne, sprich in ein anderes Medium, zu bringen, indem man sie nicht auf der Bühne wiederholt, sondern sie durch sich hindurchgehen lässt und sie dann selber, mit dem Körper und der eigenen Sprache, erneut schreibt, überschreibt und dadurch etwas Neues, Drittes erschafft. > Shane Drinion
Metamorphusion!
Ein überraschend kurzweiliges Konzert im stattlichen Rittersaal der O-Kirche, Berlin-Samoastraße, mit verblüffenden Klangspielen und außergewöhnlicher Instrumentierung, zukunftsweisend und durchweg hirn-herz-seelenvereint, virtuos erlöst in ebenso prähöllischer wie posthimmlischer Offenbarung.
„Stilistisch ist anzumerken, dass sich das aya X tryo von der radikalen Freestyle-Idee fortentwickelt hat, es finden durchaus recht melodische, aber auch schräge Motive, groovige Ostinatobässe, sowie strukturierte rhythmische Passagen Eingang in die Melange temporärer Fusionmusik, die sich zwischen Spacerock (doch auch noch!), Ambient & rhythmisch temperamentvollem Nu Jaz bewegt. Für die einzelnen Kompositionen, die zum Teil suiten-ähnlich in einander übergehen, zeichnen alle vier gleichberechtigt. Ein spannend-entspannendes Konzert-Erlebnis ist mit Sicherheit garantiert, wenn das Publikum denn bereit ist, sich auf die permanent changierenden Klangschaften einzulassen und den musikalischen Metamorphosen zu folgen…“ Artus Unival
Hartwig Nickola: E-Kontrabass & Loops
Marten Muehlenstein: Saxes, MikroTheremin, Noseflute & Sounds
Artus Unival: Ayatar-Gitarre, Percussion & Spheres
Masaya Hijikata: Drums
Welt als Warenkorb
Der Urknall betritt den nackten Bühnenraum des Theaterdiscounter. Ein bisschen wahnsinnig scheint er bereits von Natur aus zu sein. Der Blick auf die Weltverhältnisse des Planeten Erde scheint diesem Wahnsinn Rechnung zu tragen, und er hat die sarkastische Haltung des Urknalls geprägt: „Die Nacht ist das Zuhaus. Millionen Eulen können nicht irren.“ Tiefe Traurigkeit und Verletztheit schwingen da mit und eine ungeheure Humorbegabung.
Mit „Das Urknall-Syndrom“ hat Christian Saak unserer gesellschaftlichen Realität ein stimmiges Mahnmal gesetzt. Als leidenschaftliches Manifest eines an der Welt Erschrockenen offeriert er dem Publikum nebst des Genusses einer unverhofft intelligenten, lyrischen Sprache auch das Vergnügen an der Dechiffrierkunst. Denn der Autor ergeht sich nicht in bloßen Theorien und Hypothesen, sondern widmet deren Essenzen den Perversionen staatsbürgerlicher Lebensrealität. Diese Auseinandersetzung durchdringend, entwirft Christian Saak eine erstklassige Jobcenter-Realsatire, die auf die Renitenz menschlicher Würde hoffen lässt und der man offene Ohren vonseiten des Publikums wünschen möchte.
Mit Heide Kuhl hat der Autor die geeignete Darstellerin für dieses Spannungsfeld gefunden. Ihre umfängliche Erfahrung als Clown erweist dem Bühnenwerk einen ausgezeichneten Dienst und der unrechtsstaatlichen Wirklichkeit eine angemessene Zeichnung. Text und Spiel legen den Finger mitten in die klaffende Wunde des zur Warenförmigkeit zugerichteten Individuums. Charaktere wie „Daisy Dinger“ und „Universal Enlargements Girl“ entpuppen sich daher rasch als Synonyme und Metaphern für den Status quo des kollektiven ethischen Bewusstseins.
„Das Urknall-Syndrom“ ist wütend reflektierendes Schauspiel, handgemacht und humorvoll, kurzum: Bezaubernd. Mehr davon!
/ hier entsteht in Kürze eine Welt
/ ein Mysterienspiel in Echtzeit
Hier geht’s um nichts Geringeres als genau den Moment, wo Alles begann. An einem Abend, an dem noch nichts da ist, tritt gegen ein kleines Honorar der Urknall höchstpersönlich auf und wird uns sagen, wie es wirklich war. Denn wir brauchen einen Anfang. Ein phantastischer Moment, wo alles scheinbar auch noch ganz anders hätte werden können. Und doch wohl auch anders hätte werden sollen? Ohne Anfang ist das Ende schwer. Kämpfen wir gemeinsam gegen die Desinformationskampagnen der Geheimdienste und Lobbyisten! Kinder des Alls, das ist keine Übung!
Das Urknall-Syndrom switcht zwischen irdischen Details und kosmischem Überblick, zwischen Materie, Raum, Zeit und allem was uns heute in seiner scheinbaren Stabilität so erfreulich und lähmend umgibt: schönen, traurigen und absurden Realitäten und möglichen Paralleluniversen. Die Physik hilft uns da nicht weiter. Astronomen sind sowieso Scheiße. Und seien wir ehrlich: Theorien, die nur zehn Personen verstehen, wirken schon bei Fußballspielen deplatziert.
Hier erfahren Sie, was der Urknall vor dem Urknall fühlte, bekommen ein komplexes Verständnis vom Anfang aller Dinge, der so ziemlich hier sein kann oder auch so ziemlich dort. Anwesend sind neben dem Urknall: das Universal Enlargements Girl, der Astronaut, einige Konjunktive, die fabelhafte Daisy Dinger und der Rest der Welt. Auch die Kranken können kommen. Und wenn das Universum erst aus der Warteschleife der Kundendiensthotline von Universal Enlargements Eclectrical Industries befreit worden sein wird (Futur II), können wir uns auch der Beantwortung weiterer Fragen zuwenden: Wer fängt uns, wenn wir fallen, auf? Wo sind die Jungs vom FBI denn jetzt? Werden wir diesmal tun, was wir uns vorgenommen haben? Und: Wann kommt endlich eine Durchsage?
Von Christian Saak. Mit Heide Kuhl als Der Urknall, Sabine Penschow als Universal Enlargements Girl, Etta Streicher als Die dritte Person, Miriam Töpfer als Daisy Dinger.
Arizona ist überall
Beleg-Nr. 386
Rue de Chaussee, Winter 2013.
Der erbarmungslos hübsche Posthandschuh, gefunden heute Mittag bei der Schlange am Postschalter in Berlin-Mitte, Ecke Zinnowitzer, weckte sogleich zauberhafte Erinnerungen an meinen letzten Besuch im Dschungelcamp.
Im Fadenkreuz des Verfalls
Auf Wunsch eines *schnuppe-Lesers in Oldenburg.
Das Kulturhaus Zinnowitz in Zinnowitz, „Erstes Seebad der Werktätigen“ auf Usedom, erbaut 1953-1957, saniert 1987, seither im Fadenkreuz des Verfalls.
09. September 2007
Der postrealitere Kulturbegriff
„Kunst ist ein Laster“; Rathaus Moabit: Amt für Weiterbildung und Kultur, Fachbereich Kunst und Kultur, Fr. Krupsack-Dabel – erinnert an … das.
Petra Kelly neubelebt?
Petra Kelly als ihr eigener Geist: eine gutgemeinte Fiktion, liedhaft dargeboten, zahnlos ausgekostet. Schade.
<Die Bairishe Geisha: Kellyfication / politisches Theater aus privaten Gründen
Die bairishe Geisha ist in der Provinz aufgewachsen. Regional war Waldsterben. International war die atomare Bedrohung. Petra Kelly war ein Star der internationalen Friedens-, Frauen- und Ökologiebewegung, Aber gestorben ist sie in Deutschland, in einem Reihenhaus in Bonn. Das war 1992. 20 Jahre danach fragt Die bairishe Geisha: Welche Gesellschaft formt solch widersprüchliche Persönlichkeiten wie Petra Kelly und Gert Bastian? Was muss sich ändern, damit eine Frau psychisch und physisch gesund an der Macht teilnehmen kann? Hat sich wirklich schon was verändert seit Petra Kellys Tod? Wer setzt sich durch in der Politik? Und im Theater? Gibt es da Parallelen? Im 20. Todesjahr von Petra Kelly gibt die eigens von der bairishen Geisha zu diesem Anlass gegründete Formation Beides Geister ein Gedenkkonzert für die Ikone der Grünen-Bewegung Deutschlands. Die Frau, die ihr Leben dem Frieden widmete, die die Zärtlichkeit in die Politik bringen wollte, wurde 1992 von ihrem Lebensgefährten Gert Bastian im Schlaf erschossen. Zwischen den Bandmitgliedern von Beides Geister spielen sich Szenen ab, die Parallelen zu Petra Kellys politischem und privaten Leben aufweisen. Auf der Bühne werden Judith Huber und Eva Löbau unterstützt von Kristof Schreuf, dem bourgeois with guitar aus Hamburg. Er wird sie überfordern mit seiner Präsenz und seinem Können genauso wie sie ihn überfordern werden mit ihrer Zähigkeit und mit ihren Schwächen. Doch die beiden Frauen sind nicht immer solidarisch in ihren Zielen. Das Duett wird zum Duell. Die Songs von Beides Geister sind erschossene Friedenslieder, die brüllen: „Kommt man da heil wieder raus aus der Liebe und aus der Politik?“>