Ganz und gar nicht arg
Wünsche als Wirklichkeit
…und „die mir anvertrauten Butzel“
Jan Weidner liest: „Leibhaftig“
Mit Livemusik von H. Diedrich und Artus Unival.
„Mit ironischem Zwinkern schreibt sich Jan Weidner in die Figur des Marquis de Sade. Seine zügellose Bildsprache trifft unvermittelt auf die leibhaftige Symbolik des dörfischen Katholizismus.“
Mehr Infos: Zuckerstudio Waldbrunn
Ostprinzessin meets B-Meister Hanke
Im Rahmen einer Diskussion über die Rolle von Kunstarbeit bei der Aufwertung von Wohngebieten mit günstigem Wohnraum traf die Ostprinzessin auf Berlin-Mittes Bürgermeister Christian Hanke, Sozialwissenschaftler Andrej Holm, Regine Rapp und Chris de Lutz vom Art Laboratory Berlin, sowie auf ein zahlreich erschienenes, interessiertes Publikum. Als Ort der Diskussion war ganz bewusst eine Galerie der Kolonie Wedding gewählt worden. Der Galerienverbund gilt im Wedding als einer der Hauptakteure bei der Veränderung von Kultur und Image des Soldiner Kiezes.
B-Meister Dr. Christian Hanke (SPD) und Ostprinzessin
Zur Einstimmung auf die Diskussion präsentierte die Ostprinzessin die Gentrification-Satire „Ich bin’s nicht gewesen“. Das Publikum verfolgte den Beitrag aufmerksam und nahm ihn mit einigem Wohlwollen zur Kenntnis.
Und auch der Bürgermeister, dem während des Vortrags einige Lacher entfuhren, klatschte am Ende Beifall. Die Ostprinzessin äußerte sich dazu in gebührender Weise: „Über den Herrn Doktor Bürgermeister lache ich auch immer gern.“
Chris de Lutz, Karin Baumert, Andrej Holm, Christian Hanke, Ostprinzessin
Christian Hanke sorgte mit seiner Äußerung, dass er die Aufwertung begrüße und unbedingt den Mittelstand in den Wedding locken wolle, für einigen Gesprächsstoff. Er wolle sich aber auch für die Idee einsetzen, dass die stadteigenen Wohnungsbaugesellschaften in den betroffenen Gebieten günstigen Wohnraum schaffen und anbieten. Zuvor hatte Gentrification-Kritiker Andrej Holm in einem ausführlichen Beitrag die Mechanismen erklärt, die zunächst zur Aufwertung eines Stadtteils und dann zur Verdrängung großer Teile der Bevölkerung durch Mietsteigerungen führen. In seinem Beitrag beschrieb der Sozialforscher die Schnittstellen von immobilienwirtschaftlicher Aufwertung und Kultur, lenkte den Blick dabei auf die Künstler, stellte Überlegungen für eine aufwertungsneutrale Kunstpraxis an und veranschaulichte einige künstlerische Interventionen in Aufwertungskonflikten.
Regine Rapp und Chris de Lutz, Kreuzberger Galeristen im Weddinger Kiez, kritisierten zwar die kapitalistische Struktur im Allgemeinen und schossen sich auf den Schwur ein, ihre Galerie nichtkommerziell betreiben zu wollen, landeten jedoch mit ihren Gedanken und Antworten regelmäßig neben den Fragestellungen der Diskussion. Auch die Fragen der Subventionierung und der Fördergelder blieben offen. Lieber stellten sie in aller Opulenz ihre derzeitigen und bereits abgeschlossenen Projekte vor. Glücklicherweise zog die Moderatorin und Stadtsoziologin Karin Baumert zwei Repräsentanten von ExRotaprint in die Diskussion, die eloquent auf die sozialen Fragen des Themas einzugehen wussten. Sie stellten ihren Ansatz einer gezügelten Vermarktung des Kunst-Images anhand von Beispielen aus der Praxis dar und beschrieben ihre vielseitigen Erfahrungen in der Begegnung mit Gewerbetreibenden sowie mit der von Armut betroffenen Bevölkerung vor Ort. Mahnend wandten sie sich an ihre Künstlerkollegen, rangen sich aber nicht durch zu einem kritischen Wort gegenüber ihrem politischen Partner aus dem Rathaus.
So blieb die Ostprinzessin, zwischen allen Stühlen sitzend, am Ende ihren nachdenklichen Worten vom Beginn der Veranstaltung treu:
„Ich (…) blicke der Kunst tief hinein in ihre schönen Augen. Ich schaue der Kultur auf ihre Mäuler und lausche jedes wahren Wortes Klang, möge er auch noch so verstimmt sein. Es begeistert mich immer wieder aufs Neue, an der Instrumentalisierung der Kultur, ihrer Macht, ihrem Missbrauch und ihrer Manipulation teilzuhaben.“ Die ganze Satire hier.
Schwabenstreich am Potsi
Gegen das verschwenderische Projekt Stuttgart 21.
Organ kritischer Kunst [ostprinzessin live]
„Ich bin’s nicht gewesen!“ – eine Gentrification-Satire für Unschuldige –
Habe nichts, außer einer kleinen Satire, brauche nichts, außer zehn Minuten eurer, meiner Zeit, und eine *schnuppe fällt einfach so vom Himmel und liegt dann auf der Prinzenallee, wo zufällig gerade ein Prinz… (der Rest ist Wunsch).
Samstag, 30.10.2010, 19 Uhr // okk|raum29, Prinzenallee 29, Berlin
Diskussion im Anschluss: „Gentrifizierung vs. Kunstarbeit?“ Mit Sozialforscher und Gentrification-Kritiker Andrej Holm, Regine Rapp und Chris de Lutz (art-laboratory berlin) und Pablo Hermann (okk|raum29). Moderation: Stadtsoziologin Karin Baumert.
Die Veranstaltung soll einen Einblick in die Thematik der Gentrifizierung ermöglichen und die Stadtteilaufwertung im neoliberalen Sinne untersuchen, mit besonderem Augenmerk auf die kulturelle Aufwertung. Hierbei üben verschiedene Akteure und Aktanten aus Politik, Wirtschaft und Kultur maßgeblich Einfluss – zur Durchsetzung ihrer Interessen – auf die vorhandenen Milieustrukturen aus. Eine soziale Neustrukturierung erfolgt nicht nur durch finanzkräftige Großinvestoren oder durch politisch initiierte Maßnahmen auf Landes- und Bezirksebene, sondern auch durch künstlerische Enklavenbildungen und Pioniernutzungen in marginalisierten Stadträumen.
Um die Diversitäten und Widersprüchlichkeiten kultureller Aufwertungsprozesse zu veranschaulichen und zu verhandeln, laden wir Künstler_innen, Theoretiker_innen und alle Interessierten zur Abendveranstaltung ein.
Land, das uns wird
Hinausgewunden, auferstanden
im Trümmerbrand der Träume,
ausgekratzt dem braunen Schoß
und in Habschaft aller Plagen
zu neuer Groß Nation gefunden,
ihrer Dichter erlöst und Denker,
unschuldig gebärend die Richter
über alles, über alles in der Welt,
Heil ergeben deutscher Religion
– dem Arbeitsorden Ehr erweisen,
trauter Heimat Dienst geleisten,
ihren Segen tragen: Kaufenskraft.
Heutgenossen, höret der Ahnen,
dereinst ward zurückgeschossen,
vollen Herzens, wachen Geistes!
Doch schnelle Hand, gib Acht,
wer nicht wacht, baut Autobahnen,
sie sind des Glückes Unterpfand.
Ihr in misslicher Lage, noch –
in Haft, verpfändet, abgebrannt
– bekennt, wisset aller Macht,
da ihr habt, was eurer bedarf,
Land zu werden im Innern euch:
Luft und Liebe, ein Du, ein Wir.
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Zum Tag der Heiligen Deutschen Einfalt.
Knapp daneben: „MicMacs – uns gehört Paris!“
Beginnt wundervoll, besticht durch seine märchenhafte Fantastik und poetische Leinwandbilder, allerdings nur phasenweise, und gleitet dann leider teilweise in Klamauk ab, während dabei die Story allzu übersichtlich bleibt, obwohl ihre gesellschaftskritische Perspektive grundweg sympathisch anmutet.
Als Ankerthemen dienen diesem Werk des Erschaffers der fabelhaften Welt der Amélie die Abgründe von Waffenproduktion und Rüstungsexport sowie die damit einhergehende, in Frankreich und Deutschland gegenwärtige Charmelosigkeit, die hier auf die Spitze getrieben wird und sich plötzlich der konsequent radikalen Opposition einiger moralisch-anständiger Außenseiter gegenübersieht. Besagte Außenseiter jedoch werden in allzu klischeehaften Charakteren gezeichnet und überspringen somit nur selten die Hürde des bereits Bekannten oder Erahnten. Allenfalls eine unvermittelt in den Raum geworfene, abfällige Bemerkung über Schwule sorgt für Überraschung, wenn auch für eine unliebsame.
Es bleibt der Eindruck, zwar auf wichtige Themen, ein Sammelsorium großartiger Ideen und durchaus auch auf faszinierende Umsetzungen zu treffen, doch dann mit der Drift in den Klamauk leider auf Abwege geführt zu werden. Wer herzlich erfasst und erfüllt werden wollte, der muss sich letztlich damit begnügen, peripher tangiert worden zu sein. Schade.