„Der Freischütz“ – ein Abschuss

Die Deutsche Oper machte vor ein paar Monaten Schlagzeilen mit der Neuinszenierung von „Idomeneo“ und der daraus resultierenden Anschlagsdrohung gegen das Opernhaus. Das Spektakel um diese Situation wurde maßlos hochgekocht; die Deutsche Oper sonnte sich in zweifelhaftem Ruhm. Immerhin barg diese Aufmerksamkeit die Chance, dem interessierten Publikum in der Folgezeit großartige Inszenierungen zu offerieren, welche die Qualitäten der Deutschen Oper aufzeigen könnten. Doch welche Qualitäten eigentlich?

Die Inszenierung von „Der Freischütz“ jedenfalls vermag allenfalls zu langweilen, ja wenn nicht gar zu quälen. Gleich mehrfach drängt sich der Eindruck auf, dass die Geschichte in einer eindimensionalen Art verbraten wird. Zudem herrscht über weite Teile der Inszenierung dieser 185 Jahre alten sogenannten Volksoper eine Atmosphäre der volkstümlichen Belanglosigkeit. An die Bühnenwände wurden ringsherum allerlei Poster geklebt. Aber wozu? Sie wirken poppig, dienen allein als Staffage, ohne jeden Zusammenhang oder tiefere Bedeutung. Die gesamte Licht- und Bühnentechnik wird nahezu beliebig angewandt und markiert die faden Höhepunkte einer an sich faden Story.

Als dann im zweiten Teil eine Unmenge an Rehen auf die Bühne herunterhängen, drängt sich abermals die Frage auf: Wozu? Ja wir haben verstanden. Es könnte sich hierbei um eine Parallele zu wagemutigen Inszenierungen an der Volksbühne handeln, aber leider nur um eine laue Variante, denn weiter geschieht hier nichts. Die Rehe hängen umher und die teilweise sogar großartigen Sängerinnen und Sänger singen ihre Passagen. Daran ist nichts neu und nichts besser.

Wozu also überhaupt diese Inszenierung? Die Deutsche Oper zeigt sich hier ambitionslos, altbacken und uninspiriert. Erwartungsgemäß gefällt dies Vielen – ein Symptom unserer Zeit: Der Stillstand gesellschaftlicher Entwicklung. Traurig!

Der Freischütz

Elektrisierende Diva – wo aber ist die Kunst?

Romy Haag in den Wühlmäusen

„Frauen, die ich nicht vergessen kann, TEIL 2“. So lautet es in der Ankündigung. Doch wo ist der zweite Teil? Der vorgeblich zweite Teil ist fast identisch mit Teil 1, den sie vor ein paar Jahren auf die Bühne brachte.

Romy Haag ist schon eine Sensation, wenn sie so ist, wie sie ist. Warum aber bleibt sie künstlerisch so weit unter ihren Potentialen? Sie kann viel mehr und hat das über Jahrzehnte etliche Male bewiesen.

So war denn Romy Haag nun zwar gewohnt beeindruckend und elektrisierend, aber sie löste ihr Versprechen nicht ein. Die Musiker spielten gut, aber die Kompositionen sind flach angelegt. Schade – oder?

In einem Berlin-Song wagt sie dann endlich etwas, das sie ruhig öfter tun dürfte: Sie nimmt Bezug auf die Gegenwart und textet den Berliner Hauptbahnhof ein, „der beim kleinsten Wind umweht – samt seinem Größenwahn.“

Einer so erfahrenen Künstlerin Ratschläge zu erteilen, ist nicht sehr würdig, aber mensch möchte ihr zurufen: Mal was Neues wagen! Die eigenen Lieder nicht vernachlässigen! Musik wieder als avantgardistische Kunst begreifen!

Wer sonst soll es besser machen!? – Es gibt keine Zweite wie Romy Haag!

Frauen, die ich nicht vergessen kann, TEIL 2 Romy Haag elektrisierend

Ungdomshuset ist überall

Am Donnerstag, den 1.3. räumte die dänische Polizei mit Anti-Terror-Einheiten und mehreren Hundertschaften das Ungdomshuset in Kopenhagen, ein unkommerzieller Freiraum, der 1982 erkämpft und seitdem von Jugendlichen selbst verwaltet wurde.

Es fanden Konzerte, Parties, politische Aktionen und vielerlei andere soziale und kulturelle Veranstaltungen statt. 2001 verkaufte die Stadt das Haus, entgegen früherer Zusagen und gegen den Willen der Jugendlichen, an die rechte christliche Sekte „Faderhuset“, die mit dem Kauf in erster Linie beabsichtigte, der selbstbestimmten Jugendkultur Kopenhagens ihren größten Freiraum zu nehmen.

Seit der Räumung befindet sich Kopenhagen im Ausnahmezustand. Es kam zu stundenlangen Straßenschlachten zwischen Jugendlichen, Aktivisten und Anwohnern einerseits und der Polizei andererseits. Bis Sonntag wurden allein schon über 600 Leute verhaftet. Dennoch gehen die Proteste weiter. Sie sind sehr vielfältig und reichen von harten Auseinandersetzungen und kreativen Besetzungen bis hin zu künstlerischen und humorvollen Aktionen. Viele Menschen in Kopenhagen zeigen sich solidarisch. Zudem finden seit einer Woche in ganz Europa Solidaritätsveranstaltungen statt.

Überall und auch in Berlin sind selbstbestimmte Freiräume ein Dorn im Auge der Regierenden und ständig von Räumung und Repression bedroht. Daher kann gesagt werden, dass die Räumung des Ungdomshuset ein Angriff auf alle (noch) bestehenden Freiräume ist. Freiräume sind ein hohes Gut einer menschlichen Kultur und eine Errungenschaft. Diese Errungenschaft ermöglicht es uns, jenseits von alltäglichen ökonomischen oder politischen Zwängen, zum Einen menschliche wie künstlerische und zum Anderen gesellschaftsrelevante Potentiale entwickeln zu können.

Umrandet von Hundertschaften spezieller Polizeieinheiten demonstrieren auch heute wieder allein in Berlin über 2.000 Menschen. Der stille Protest wird wohl noch weitaus größer sein.

Demonstration durch Mitte und Prenzlauer Berg

Neuland denken

Neuland“ in der Reihe Utopisches Flimmern im Ballhaus Ost

Das Ballhaus Ost ist brechend voll. Viele Menschen müssen am Eingang abgewiesen werden, weil der Saal bereits restlos überfüllt ist. Mit so viel Interesse hatte hier wohl niemand wirklich gerechnet. Das Thema jedenfalls ist voller Bedeutungen und drängender Fragestellungen. Gerade im Osten des Landes bluten viele Landstriche und Städte aus. Das wirft nie gekannte Probleme auf und birgt zugleich Potential für real existierende Zukunftsvisionen.

Das Dokumentarfilmessay von Holger Lauinger und Daniel Kunle lehnt sich an die Gedanken von Wolfgang Kil an. Nach eigener Aussage ringt er sich am Ende seines Buches „Luxus der Leere“ eine positive Utopie ab, mit der er nicht zuletzt seine eigene Depressivität in Schach zu halten sucht. Zudem verkündet er: „Ich glaube nicht mehr an meine Utopie.“ Zuvor war in einem Nachgespräch zum Film der positive Grundton mehrfach kritisiert worden.

Mit „Neuland“ knüpfen die Filmemacher an den Vorgänger „Nicht-Mehr / Noch-Nicht“ an, in dem auch die „Zwischenpalastnutzung“ des Palast der Republik und die Arbeit der „Urban Catalyst“-Initiatoren zum Thema wird.

Negativwachstum

Es gibt Menschen und es gibt Monster. Manch ein Mensch ist mit einem Monster befreundet. Wer mit einem Monster befreundet ist, der braucht wohl keine Feinde mehr. Die nun folgende wahre Begebenheit wurde uns von einem Bekannten aus Bitterfeld zugespielt. Ihm gilt unser Mitgefühl.

„Wenn Dein engster Freund dir sagt, dass er mit dir nur Negatives verbindet, dann schlägt Dich das wie ein Faustschlag nieder. Wenn er Dir dann noch sagt, dass er sich bemüht, auch Positives zu sehen, dann nimmt Dir das die Luft zum Atmen.“

Dein Kopf ist schwer, du kannst nicht mehr. Perspektive eines gesenkten Blicks

Chansonpunkrock vom Feinsten

Cora Frost in der Leipziger Moritzbastei

Auch ein starker Husten kann Frost nicht wirklich etwas anhaben. Mit vollem Einsatz wirft sich Cora Frost in ihr Programm das den wohligen Namen „Wir waren auch in Zucker und Butter“ trägt. Gary Schmalzl, Toni Nissl und Florian Grupp begleiten souverän wie immer.

Frost verschiebt die Ebenen und öffnet die vertrauten Auffassungen. Das bedeutet, da wir uns darauf einlassen, Konfrontation, Auseinandersetzung und Neuzusammenfügung. Sie spricht Verstand, Gefühle und Launen gleichzeitig an und lässt die Konstruktionen von Realität und Utopie aufeinandertreffen. Mensch sollte ihr umgehend den Nobelpreis für Herausforderung verleihen.

Großartig singt sie auch wieder ihren Song „Das ist die Straße, wo sich mein Glücksrad dreht…“ über „meine türkische Heimat in Berlin“. Und das Publikum zeigt sich am Ende sogar angetan und verlässt nicht in Scharen den Saal, was bei Frostschen Auftritten schon öfter vorgekommen sein soll. Eine wie Keine!

Moritzbastei Cora Frost

Heinersdorf ist Deutschland

Moschee Heinersdorf (in Bau)

Was wurde den verrohten Seelen der ipahb in Heinersdorf bloß angetan? Da sprengen sie doch jetzt tatsächlich (beinahe) ihre bürgerlichen Grenzen und stürmen die Schönhauser Allee Arcaden: Ein wütender Heinersdorfer Mob zieht in den heiligsten Konsumtempel des Bezirks, um gegen den Bau einer Moschee zu wettern.

Von der oberen Etage herunter entrollen sie über den ahnungslosen Islam-Freunden des Prenzlauer Berg meterweise Protestschreie: „NEIN MOSCHEE“! Ja Halleluja, was für eine Revolution! Vielleicht haben sie gar darauf spekuliert, einigen Muslimfreunden und Konsorten ihre primitive Botschaft nahezubringen, indem sie die Transparentrollen ihrer ausgebufften Weisheit auf sie niederwerfen. Diese glorreichen Ritter und Ritterinnen für einen „ordentlichen Bezirk“ (Zitat) aus der Heinersdorfer Tiniusstraße (oder Tinnitusstraße…?) haben wohl einfach den Schuss nicht gehört! Muss das wundern?

Zusammen mit ihren fulminanten Sperrspitzen Vera Lengsfeld und Henryk M. Broder mischen die Heinersdorfer Krieger die Bezirkspolitik auf, getreu folgender Erkenntnislage: Wir sind die braven Bürgerlein! Wo bitte leben wir denn hier!? In einer Parallelwelt!? Was haben diese Islamisierer hier verloren? Sind wir hier etwa in einer Multikulti-Metropole!? Oh… äh… ja. Kann man das nicht ändern!? Die sollen gefälligst in Reinickendorf bleiben und dort die Eingeborenen terrorisieren… mit ihren… äh… terroristischen… äh… Gebeten! Wir lassen uns nicht zum Terror bekehren! Wir nicht!

Gehört die Parallelwelt der weitsichtigen Heinersdorfer Bürgerlein eigentlich noch zu Berlin? Wie wäre es mit einem fundamentalen Umzug, ins fundamentalistische Saudi-Arabien zum Beispiel? Dort müssten sich die einfältigen Verblendeten doch pudelwohl fühlen.

Die gläubigen Menschen des Ahmadiyya Muslim Jamaat e. V., die seit 18 Jahren im beschauerlichen Reinickendorf ihren sicher unheimlich perfiden, zerstörischen Aktivität nachgehen (Beten und… äh… weiß grad nicht), werden sich jedenfalls warm anziehen müssen, wenn sie ihren kaltherzigen künftigen Nachbarn gegenübertreten.

Nur eine Heinersdorfer Posse? – Vorsicht! Zitat: „Heinersdorf könnte überall in Deutschland sein.“ Damit werden die ipahb-Gelehrten wohl leider Recht behalten.

Die ipahb-Leute... ...und ihre Transpirationen. Deutsche Sprache - schwere Sprache.

„Haben die immer noch nichts Besseres zu tun?“, fragt sich die Ostprinzessin, die immer gern in Heinersdorf ist und dort einige nette und spannende Ecken kennt. Aus dem letzten Sommer zum Beispiel: Extremisten in Heinersdorf