„How r u? All fine?“

I miss people,
I miss work,
I miss music school,
I miss performing,
I miss touches,

I miss flirting and danger,
I miss health awareness,
I miss support for those
who care, nursing staff,
I miss a pandemic strategy,

I miss the perspective
of those who stay ill
or lose and miss someone,
I miss compassion,
help for the poor,

I miss cheap real estates,
I miss a garden, I miss
a lot of lost places,
and I think most of this
will get worse.

So how am I?
I feel sad,
I feel angry,
I feel helpless,
I feel the mission.

Kollektivdunst

Über den Dächern steht der Nebel,
der Himmel ist eins, in Unkenntlichkeit,

unter den Dächern wabern Kreaturen,
Zweifel hängt in den Gardinen,

in den Stuben brennt die Ohnmacht,
der Rauch weht aus dem Gebälk,

Krähen kreisen über den Kränen,
ein einsamer Rabe blickt herab,

der Palast fällt klirrend in den Sand,
die Lügengebäude halten stand,

manche feiern, manche weinen,
eine wäscht die andere Hand,

alles viel zu leise, alles viel zu laut.

Warten

Ich, unterhalb von meinem Turm, an der Narbe der Stadt, die mich teilte wie einen Regenwurm.

Böen einer grausamen Predigt verheerten ihr Hab, das Gute barst, ein Ast fiel, mein Finger brach ab.

Tränen schlossen die Wunde, Flügel wuchsen nach und eine neue Saat keimte in den Kratern der Stadt.

Und jetzt?

Das Theater renoviert und sicher gemacht für den Besuch in pandemischen Zeiten, drei von vier Vorstellungen so gut wie ausverkauft, in den Nachgesprächen wollen alle über Corona reden, egal um was es geht, Ideologien, Lügen, falsche Wahrheiten, manche sind zum ersten Mal wieder da: Theater – Teil der vierten Gewalt, sagt einer, und zum ersten Mal seit März habe ich wieder mein Buch verkauft an einen echten Gast in einem echten Theatersaal.

Jobs weg, Kurzarbeit, tausende fehlende Euros, Angst um Freunde und Familie, am Arbeitsplatz, Schmerzen, Verspannung, eine Welt in nie gekannter Veränderung, Menschen mit Krankengeschichten, Todesnachrichten, Übersterblichkeit ganz real, ich von Anfang an dabei, wegen Liebe in der Lombardei, ausgerechnet.

Zu viel Wutgeschrei, zu viel Gelassenheit, tausend Offerten, in Hass zu zergehen, Verzweiflung, ja, die Regierung hat versagt, sicherlich, die Regierung hat regiert, viel recht gemacht, viel schlecht, wie du und ich; ich hätte gern es besser gemacht, so als Prinzessin gedacht – ich tat, was ich kann, bin gesurft, gesegelt, manchmal abgetrieben, habe gesiegt im Verlust und im Sieg verloren, tausendmal Toleranz geübt, das einzige, was uns hindert, aufeinander loszugehen, bin letztlich zart, empfindsam, den Tränen nah, liebend geblieben. #atmenimgegenwind

Irm Hermann oder Mein erstes Mal

Irm Hermann sah ich erstmalig 2001 auf der Bühne, am 3. Oktober in Bremen, als Vermieterin Frau Grollfeuer in „Volksvernichtung oder Meine Leber ist sinnlos“. Das Stück galt als unaufführbar – eigentlich. Reihe 9, Platz 13, 29 Mark. Mein erstes Mal Theater.

Ich war sofort verliebt, bewunderte Charisma und Radikalität ihres Schauspiels; ihre Person erschien mir stets wie eine Persiflage, dies wiederum als Ausdruck höchst emanzipativen Wirkens. Fern, fremd, unnahbar einerseits, exotisch, ja manisch, beinah gespenstisch, andererseits verwandt. Ich ging gleich noch mal hin.

2005 brillierte sie in Atta Atta Aktion 22, als Gegenpol zu Christoph Schlingensief, der sich nackt gegen eine Wand warf: Kunst mit großem Penis. Später traf ich sie bei Konzerten von Ingrid Caven und Cora Frost. Als Tante Hedwig bei Loriot kennt sie jeder wohl.

Irm Hermann ist tot. Es lebe Irm Hermann!