„Ihr seid glücklich, habt alles?“

Dies fragte einer der freudestrahlenden Kellner des orientalischen Restaurants Sufissimo in Kreuzberg, und die einzig korrekte Antwort kann nur lauten: Ja, und wie!

Draußen tobt der Karneval der Kulturen, drinnen breitet sich kulinarisches Paradies.

Übrigens verabscheue, ja hasse ich „Menschen“, die Multikulti für nicht existent, für gescheitert oder für falsch halten. Ja, Hass, denn der Gegenpol ist die Liebe: Ich liebe real existierende Multikulti-Gesellschaften, alltags wie festtags. Wem es anders geht, soll es ruhig hinauspöbeln, doch für gescheitert oder inexistent kann er sie nicht erklären. Ich gehe noch weiter: Wer Multikulti nicht erkennt,  ist dumm, wer es nicht liebt, dem fehlt die Liebe überhaupt.

Sufissimo

Showbahnhof

Bevor am späten Abend eine tatsächlich grandiose, pompöse und auch anrührende Show zur Einweihung des Hauptbahnhofs stattfindet, bei der Hunderttausende bereitwillig mitfeiern werden, erleiden einige weniger Überzeugte Schwindelanfälle beim Gedanken an die vielen Millionen Euro, die das Bahnhofs-Projekt verschlungen hat.

Zufällig treffen die Schwindelnden auf einer Brücke vor dem neuen Bahnhof aufeinander und dergleich zusammen. Einige schaffen es dennoch, ein paar treffliche Worte über die Verschwendung öffentlicher Gelder in Zeiten massiven Sozialabbaus zu finden.

AktivistInnen von Attac halten Schilder hoch, auf denen sie den Stopp des Ausverkaufs der Bahn, also des öffentlichen Vermögens, fordern.

Während die Menge der schwindlig Umgefallenen so groß wird, dass auch die Straße nicht länger frei zu halten ist, sichern eilig herbeigerufene paramilitärische Einheiten den Massenschwindel ab. Derweil beginnt die frühere Baustadträtin von Mitte, Karin Baumert, freundliche Gespräche mit den strengen Uniformierten, wobei sie fortwährend von einer Straßenseite zur anderen pendelt und so den Raum für alle Beteiligten zu öffnen versucht.

Bahn für alle attac Öffentliches Gut Bahn von unten Schwindel Staatsmacht Karin Baumert

Nach Sonnenuntergang bohren sich mittels einer aufwendig inszenierten Licht- und Musik-Show, die viele Kilometer weit zu sehen und zu hören ist, Löcher in den Verstand. Die Herzen des Publikums erweichen auch bei der Musikauswahl, die neben altbewährten Schlagern und Rocksongs aus Ost und West auch klassische Klänge bietet und – allen Spießern zum Trotz – auch hämmernden Techno-Sound, zu dem der Bahnhof in ein kaltes, schnell flackerndes Licht gestellt wird.

Von West und Ost gleichzeitig fahren Züge mit großen Licht-Strahlern in den Bahnhof ein. Ein aufwendiges Feuerwerk rundet zum Schluss das Spektakel ab. Während der ganzen Zeit fällt feiner Nieselregen von Himmel. Der Licht-Künstler hatte sich dies nicht anders gewünscht, denn der visuelle Genuss wird hierdurch noch höher.

Am Spree-Ufer sitzen, mit einem lieben Menschen, das kann dieses Erlebnis besonders romantisch machen.

Der Hauptbahnhof ist eröffnet. Leisten können wir ihn uns auf Kosten des fortschreitenden sozialen Verfalls. Das ist nicht der Fortschritt, den wir uns wünschen können.

Palast der Liebe

„(…) ostprinzessin, (…) muß dir in dem zusammenhang etwas ganz tolles mitteilen: du hast meinen freund mit deinem foto ‚palast der liebe‘ inspiriert ein gedicht für mich zu schreiben. am liebsten würde ich dieses gedicht auf einem riesengroßen transparent an den palast hängen. (…) oder eine flagge mit herz auf dem dach hissen oder oder oder????“

…schrieb Ute Donner, die Tollste Frau aus Ostberlin, am 17. April.

Palast der Liebe Die Ostprinzessin vor ihrem Palast. 3 tolle Frauen Gruppenbild mit Ostprinzessin

Nichtkrieg

palast-der-liebe

Beim Richtfest für den Palast der Liebe, mit Karin Baumert, Editha Künzel, Christoph Wagner, dem Westmonster und der Palast der Liebe-Aktionskünstlerin Ute Donner.

Zukunftsblind

Das Stadtforum Berlin 2020 im Technikmuseum setzt wieder einmal ein Highlight der Belanglosigkeit und der Vermeidung von Realität. Bei „Umbruch, Aufbruch, Durchbruch – Zukunftsräume in Berlin“ wird einfach alles ausgeblendet, was nicht ins Senatskonzept passt. Inwieweit es sich damit also überhaupt um ein Forum handelt, ist allein schon fraglich.

Die Veranstaltung ist sehr gut besucht, aber selbst die hartgesottenen, kritischen Geister im Publikum sind entgeistert über das Vorbeireden an den zahlreichen aktuellen Brennpunkten der Stadt. Dort wird das Engagement von Initiativen aus der Bevölkerung für konkrete, visionäre Zukunftsräume vom Senat nach Kräften bekämpft. Dass die protestierenden Worte daher im Halse steckenbleiben, ist fast verständlich. Wer dennoch kritische Fragen stellt, darf auf alles hoffen, nur nicht auf Antwort.

Die Kekse in der Pause sind noch das Beste an dieser Farce, die aber dennoch all denen zu empfehlen ist, die über die Strategien „Experten reden Senatspolitik schön“ und „Volksbespielung deluxe“ mehr erfahren wollen! Die Abrisssenatorin Junge-Reyer spricht am Ende wieder gewohnt salbungsvoll und blind.

„Buh!“

Abbruch Stadtforum Berlin 2020 Zukunftsräume in Berlin

Braut sich was zusammen

Während das Bündnis für den Palast morgen aus seinem Büro im Theaterhaus Mitte auszieht und den letzten Atemzug atmet, formiert sich zu gleicher Zeit das Netzwerk ABRISSBERLIN, dass aus dem Spirit des Palastbündnisses heraus entsteht und zunehmend Gestalt annimmt.

In der Wohnung der versierten und berühmt-berüchtigten Stadtsoziologin Karin Baumert treffen sich heute eine Hand voll activists neuer Art, die weitere Schritte hin zu einer großen Bewegung gehen. Die neue soziale Bewegung existiert bereits landesweit in den Köpfen zahlreicher Menschen, hat sich aber noch nicht in aller Kraft zusammengefunden und ihre Haltung zum Ausdruck gebracht.

Bündnis für den Palast Karin Baumert