Die „Revolutionäre 1. Mai Demonstration“ ist harmlos. Leider.
Revolutionär ist daran gar nichts, wenn einige tausend Menschen in einem angemeldeten, von Polizeieinheiten eingepferchten Demonstrationszug durch Kreuzberg ziehen. Während in manch kleinerer Stadt wenigstens ein Haus besetzt wird – die Gunst der Stunde also genutzt – bleiben in Berlin sinnvolle Ergebnisse aus. Von den Wagen herunter tönt es zwar mitunter revolutionär, aber eine sinnvolle Choreografie lässt sich – und leider ist dies mittlerweile traditionell – vermissen. Gute Stimmung während der Demonstration ist schön, doch was anfangen mit der revolutionären Lust?
Die meisten Demonstrierenden, die an einer sog. revolutionären Demonstration teilnehmen, wünschen sich konkrete Aktionen, die Ausstrahlungskraft haben, Wirkung entfalten und tatsächlich Druck auf die politische Entscheidungsebenen ausüben und weit in die Gesellschaft hinein ausstrahlen. Viele möchten sich daran konkret beteiligen und sind dann auch bereit, Risiken einzugehen. Eine kleine Eroberung konkreter Freiräume wäre da ein sinnvoller Anfang. Ein legitimer und notwendiger Anfang wäre es auch, denjenigen Verantwortlichen, die Freiräume verweigern und bekämpfen, einen unangemeldeten Besuch abzustatten, ganz nach Hartz-4-Manier, also der Praxis, Hartz-4-Empfängern einen unangemeldeten Besuch aufzuzwingen, bei dem private Details erforscht werden, im Bad, im Schlafzimmer und an der Tür der Nachbarn.
Wie öfter mal im Jahr, finden sich auch am Ersten Mai mehrere tausend Menschen zusammen, die Lust haben, genau diese notwendigen Zeichen zu setzen? Was haben wir insgesamt und was haben einzelne davon, wenn jene einzelnen – sobald sie sich ausreichend Mut angetrunken haben – in ihrer Verzweiflung ein paar Flaschen und Steine in Richtung Polizei werfen und einige winzige Feuerchen in Müllcontainern entfachen und dafür dann womöglich auch noch brutal aufgegriffen und von einer willfährigen Staatsanwaltschaft angeklagt werden? Was steht unterm Strich, wenn am Ende einer vorgeblich revolutionären Demonstration, nach dem versammelten Aufgebot alternativer, linker, autonomer und freidenkender Menschen, keine Erfolge stehen? Dass der qua Auftrag ohnehin einseitigen und sogar auf sämtlichen Hühneraugen nahezu vollständig erblindeten Pressemeute die in ihrer Verwertungslogik notwendigen Bilder à la „Krawalle in Kreuzberg“ geliefert werden!? Eine Farce!
Nachdem sie sich routiniert empört haben, können Mainstream-Politik, Mainstream-Presse und Mainstream-Gesellschaft über soetwas allenfalls lachen. Diese Mainstream-Gruppen lassen sich nur mit gezielten Maßnahmen beeindrucken und nur so im Sinne von Gerechtigkeit, Menschlichkeit, Sozialer Wärme – soziale Revolution eben – beeinflussen. Bloße Drohgebärden, illusorische Hoffnungen auf Massenaufstände, frustrierte kleine Akte der Gegenwehr und überkommene Traditionen samt festgefahrenem Sprachgebrauch, welche allenfalls noch belegen, wie konservativ, unbeweglich und unbewegend große Teile der sog. Linken denken und agieren, führen letztlich doch höchstens zu Randnotizen in den Schmierblättern und Online-Angeboten des öden Mainstreams. Auch dass die sog. revolutionäre Demonstration allen Ernstes einen „Freiräume-Block“ vorsieht, zeigt, wie eng und wie defensiv bei einigen Revoluzzern anno 2007 gedacht wird.
Der Erste Mai, ein netter Feiertag für Möchtegern-Revolutionäre!?
…sagt und fragt die Ostprinzessin.