Kampf auf dem Parkdeck

„Das Parkhaus hinter dem Zentrum Kreuzberg befindet sich im Ausnahmezustand: Vereinzelt parkende Autos auf der unteren Etage und Treffpunkt für Drogendealer und -konsumenten. Ab dem zweiten Stockwerk Leerstand. (…) Man würde abreißen, wenn das nicht so teuer wäre. Das Nutzungskonzept von Pony Pedro passt sich der aussichtslosen Lage an. Wer kann kommerziell betreiben, was nicht einmal zum Parkplatz taugt? Die Lösung: Geschäftsgründungen und Nutzgärten auf den Parkplatzzellen. Kampf auf dem Parkdeck inszeniert mit Langzeitarbeitslosen und Anwohnern des Kottbusser Tors einen Bazar der informellen Geschäfte und eine Nutzgartenanlage. (…)“

Zwar halte ich es für etwas zynisch, ausgerechnet – analog zu den Neoliberalen – die kommerziell verwertbare Eigeninitiative in den Vordergrund zu hieven, wo doch gerade an der offensichtlichen Notwendigkeit dieser Intervention klar wird, dass die gegenwärtige Gesellschaft, in der Klemme zwischen neoliberal ausgerichteter Marktwirtschaft und Sinnentleerung und Selbstentfremdung, schlichterdings abgewirtschaftet hat und zahllose Menschen in vielerlei Existenznöte und Depressionen treibt. „Lasst uns ein bisschen Marktwirtschaft üben“ kann daher keine befriedigende Antwort sein und blendet die Ursachen sowie die Gerechtigkeitsfrage aus.

Zum Glück aber geht es hier auch um Beisammensein, um Protest – und nicht zuletzt sorgen die Kreuzberger selbst dafür, dass das Ganze sehr auf dem Boden bleibt und nicht auch noch in abgehobene „Künstler-Umlaufbahnen“ geschossen wird. Das ist sehr realistisch und praktisch gedacht. Beispiel Ayse: „Ich bin Türkin. Ich habe immer eine Idee.“ Es bleibt aber die Frage nach einer nachhaltigen Vision.

Am vergangenen Sonntag fand dann auf den Parkplatzbühnen 38 und 41 ein Band Battle statt. Es spielten: „Doc Schoko, Yaneq (Party Arty) und Nackt (Warren Suicide).“ Dazu gab es Wetten. Auch dank der Moderatorin Cora Frost entschärfte sich das Ganze erheblich und wurde doch recht sympathisch: Beim Band Battle gewann denn auch niemand, denn Cora Frost verkündete immer wieder ihre Auffassung: „Gewinner sind Verlierer, Verlierer sind Gewinner.“ Die Protagonisten taten sich in ihren Texten durch überraschend deutliche, politische Anklagen hervor – und die Performances bewirkten immer wieder offene Kindermünder, was sicher auch an den Fähigkeiten von Frosts Ratten-Freunden und Boris Lisowsky-Greenberg lag. Wenn Frost ihre glücksbegabte Familie mitbringt, dann ist eine andere Welt nicht nur möglich, sondern schon da. Zudem hatte die typische Kreuzberger Mischung das Parkdeck erklommen: Einfach a l l e da. Programm wird noch bis zum 22. Juli gemacht.

„Es wird ja in dieser Stelle gern über Outfits geredet, aber das interessiert mich eigentlich überhaupt nicht.“ (Cora Frost)

Mal über den Basar schlendern... Ayse nimmt zwei Euro pro Schachtel Zigarretten... Mustafa schneidet mal kurz den Pony... Hier werden Fahrräder repariert... Hier gibt's Gebäck... Köfte gibt's auch... Die Bühne auf dem Parkdeck Boris Lisowsky-Greenberg freut sich mit Cora Frost... Das Publikum ist gespannt... What's the way to get rid of me?, fragt sich auch Cora Frost ...und die Kinder staunen... ...auch über Yaneq... Cora Frost gibt den Ton an... Zu Warren Suicide wird getanzt... Auch zu Doc Schoko wird getanzt... ...auch hinter seinem Rücken

Berlin – Mein erstes Mal

Man sollte immer viel erwarten.

Ich denke, dass Klassenfahrten durchaus Schlüsselerlebnisse sind. Und es ist ja wirklich bemerkenswert, mit wieviel ideologischem Elan manche Lehrkraft ein solches Erlebnis zu gestalten versucht. Aber – und das sei hier auch bemerkt: Ich würde es wohl genauso versuchen.

Als ich vor 8 Jahren erstmals von einer West-Ost-Sternschnuppe nach Berlin getragen wurde – das war lang vor meinem Amtsantritt als Ostprinzessin – da durften wir dank Günter (unserem Wirtschaftslehrer) eine ganz andere Perspektive als die von Fucking-Pain-Sabine einnehmen: Arbeitslosigkeit in Ostdeutschland, gar die strukturelle – das war unser Thema im Leistungskurs Wirtschaft. Das führte zu einem erklärenden Termin im Arbeitsamt und zu einem Ausflug nach Adlershof, wo gerade die Planungen für „das größte Wissenschaftszentrum Europas“ das realistische Maß überstiegen und der gezeigte Investoren-Propagandafilm auch beim geneigtesten Kapitalisten unter uns einem schalen Nachgeschmack hinterließ.

Aber eigentlich begann es anders: Am Bahnhof Friedrichstraße angekommen, mit den Koffern draußen stehend, lief uns zunächst ein junger, berlinernder Punk mit Hund über den Weg. Von irgendwo in der Nähe wehten ein paar bunte Federboas. Die Love Parade stand bevor, aber das wusste ich gar nicht. Unsere Unterkunft übrigens lag in Wannsee, im Gästehaus der Friedrich Ebert Stiftung, wo Leute arbeiteten, die das Ende der traditionellen Arbeitsgesellschaft genauso herbeisehnten wie auch ich damals schon. Der Fußweg zum Gästehaus führte durch ein exklusives Villenviertel. Zu den geplanten Ausflügen zählten ein Abend in der Vaganten Bühne, wo Shakespeares gesammelte Werke in 90 Minuten zur Aufführung kamen, und ein Abend im Renaissance-Theater bescherte uns einen einprägsam verwirrenden Eindruck von zwischengeschlechtlicher, britischer Schauspielkunst. Günter bestand außerdem darauf, uns sein Lieblingslokal in der Oranienburger Straße zu zeigen, von wo aus wir staunend den Prostituierten zusahen – und dass das Niemanden zu kümmern schien.

Es gab viel freie Zeit und keine Kontrollen. So konnte ich mutterseelenallein Ausflüge in die „berühmte“ Motzstraße machen, um schwule Luft zu schnuppern, und abenteuerliche Begehungen von wundervoll schäbigen Häusern in der Spandauer Vorstadt erleben. Der Gruppenausflug ins nagelneue IMAX-Kino am Potsdamer Platz wurde zwar weniger erfüllend, aber bildete doch einen geeigneten Kontrast.

Im Nachhinein muss ich nun vor Glück wirklich weinen. Das versteht ihr, oder?

On the top, dank Büffelmilch

Mit einem Superlativ soll man sehr sparsam umgehen, aber wenn es zutreffend ist, dann wäre es im vorliegenden Fall beinahe ein Verbrechen, es zu verschweigen: Hier gibt es die beste Pizza der Stadt.

Das „i DUE FORNI“ am Senefelderplatz in Prenzlauer Berg ist wohl einmalig: Die Wände sind über und über mit Sprüchen der Gäste aus allen Ländern der Welt verziert, die Stimmung ist einfach richtig gut und damit dem Schmaus in jeder Weise angemessen. Ob nun die Lauchzwiebeln oder der Büffelmilchkäse – wirklich leckeres Essen macht einfach glücklich. Über noch ein paar Dinge sollte man sich nicht wundern: Die Geräuschkulisse (als Teil des Erlebnisses), die verzögerte Bedienung und die gute Laune hinterher. Pure Lebenslust!

i DUE FORNI
Tipp: Ortolana und Diovola in Kombination bestellen – und einfach genießen!

via MieterEcho

Logo: Unverkäuflich gegen Privatisierung.

MieterEcho, Zeitung der Berliner MieterGemeinschaft, Heft Nr. 322:

Unverkäuflich: Bündnis bekommt breite Basis

Berlin ist nicht nur Ausgangspunkt verschiedenster Initiativen und Bündnisse, sondern auch Heimat und Zukunftslabor für Künstler/innen, Medien- und Politaktivist/innen. Zwei von ihnen sind die Ostprinzessin und das Westmonster. Als sich im Februar 2006 das Bündnis gegen Privatisierung auf einem von der Berliner MieterGemeinschaft organisierten Kongress entwickelte, stand zeitgleich das Bündnis für den Palast der Republik vor seinem Ende.

Dem mehrheitlichen Widerstand der Bevölkerung zum Trotz hatte der Bundestag ein weiteres Mal den Abriss des geschichtsträchtigen Multifunktionshauses beschlossen. Eine Handvoll Palast-Aktivist/innen um Ostprinzessin und Westmonster gründete die Online-Plattform Abriss Berlin: „Aufgeben kam für uns nicht infrage.“ Nun wird dort die Berliner Stadtentwicklung ins Visier genommen. Neben dem Abriss denkmalwürdiger Gebäude werden die Privatisierung öffentlicher Einrichtungen und Anliegen alternativer Projekte thematisiert. Am wichtigsten ist den Aktivist/innen die Vernetzung von unterschiedlichen Menschen und Initiativen. Was vor über einem Jahr begann und mit einem Brückenschlag zur Initiative Zukunft Bethanien – die in einem erfolgreichen Bürgerbegehren mit 14.000 Unterschriften die Privatisierung des Bethaniens stoppte – seinen Fortgang fand, strahlt heute als Netzwerk in verschiedenste Spektren der Gesellschaft ab. Projekte wie der Wagenplatz „Schwarzer Kanal“ und zahlreiche Hausprojekte finden dort ebenso eine Plattform wie Initiativen zur Hochschulpolitik oder zur Rekommunalisierung der Wasserbetriebe.

Von Anfang an begleiten die Aktivist/innen auch das Bündnis gegen Privatisierung, das dem mehrheitlichen Willen der Bevölkerung Ausdruck verleihen will, die öffentlichen Güter der Daseinsvorsorge vor weiterer Ausplünderung zu bewahren. Trotz der entsprechenden Mehrheitsverhältnisse unter den Berliner/innen, vertritt das gewählte Abgeordnetenhaus in einer erschreckend großen Koalition aus SPD, PDS, Grünen und CDU den Mehrheitswillen nicht, sondern verscherbelt weiterhin öffentliches Eigentum und damit demokratische Einflussnahme. Die Geschichte zum Palastabriss scheint sich zu wiederholen. Damit es soweit nicht kommen muss, startet das Bündnis nun einige Volksbegehren, die direkt Einfluss auf die Privatisierungen nehmen sollen.

Als im Bündnis der Wunsch nach einer Homepage aufkam, wurde stehenden Fußes das Ost-West-Dosentelefon zwischen Westmonster und Ostprinzessin reaktiviert. „Kannst du da nicht was monstern?“, schallte es vom Osten in den Westen der Stadt. Musik, Blumen und Zitronen wurden für kurze Zeit beiseite getan. Dann wurde gemonstert. Die beiden Freunde stellten eine Online-Plattform und ein die unterschiedlichen Anliegen verbindendes Logo zur Verfügung: „Für uns ist Solidarität mehr als ein Wort.“ Die Website füllte sich rasend schnell und bietet nun einen überraschend großen Überblick über Privatisierung und die Bürger- und Volksbegehren. Die zahlreichen Bündnispartner/innen stellen dort sich selbst und die gemeinsamen Anliegen vor. Zu den Bereichen Wohnen, Sparkasse, Entsorgung, Wasser, BVG/Bahn, Gesundheit, Bildung, Ökologie und Stadtraum findet sich allerhand Informatives.

Weitere Informationen unter:
www.unverkaeuflich.org
www.abriss-berlin.de
www.ostprinzessin.de
www.westmonster.de

Botschaft an Drüben

Zwischen uns steht eine unsichtbare Mauer, so massiv wie der hingeschlachtete Palast im Zentrum der Stadt Berlin, dessen Blut sich, quälend langsam und scheinbar unaufhaltsam, in sie ergießt. Inmitten der uferlosen Blutlache steht bebend die Prinzessin. Dort verharrend, mit nichts mehr als ihrer hoffenden Liebe, spiegeln sich die allerletzten Strahlen der wärmenden Palastsonne im bronzenen Haar.

Wenn das materielle Lebenslicht des Palasts erloschen sein wird, dann wird die Mauer fester sein denn je. Ihre Überwindung wird dereinst nach all jener Liebe verlangen, die der Palast noch bis in die letzten Momente der Existenz in die Herzen seiner scheiternden Ritter zu leuchten vermochte.

Die Ostprinzessin

Berlin Ost, den 7. Juli 2007

Palastsonne (Bild: Editha Künzel, 14.04.2006) Palastsonne, Ostprinzessin (Bild: Editha Künzel, 16.01.2006)
Bild 1 aus: Von Luft und Liebe leben

Auf dem Weg: Bertelsmann-Diktatur

Dieser Grusel kennt keine Grenzen: Bertelsmann arbeitet an der Übernahme unseres Lebens: U. a. die Bereiche Bildung, Wirtschaft, Gesundheit und die (ex-) öffentliche Verwaltung werden zunehmend von Bertelsmann und im Interesse von Bertelsmann organisiert. Eine direkte politische Einflussnahme bis hin in zu Beratungen in Sachen Krieg geben Konzern und Stiftung freimütig zu. Aber Bertelsmann kümmert sich um alles, also auch um kleinteiliges, denn ihr Masterplan stellt die Bertelsmann-Strategen vor eine nie gekannte Herausforderung.

Als Deckmantel dient – wie auch bei den ideologischen Verwandten, z. B. dem scheinbar kleinen Berliner Akteur Dussmann („das Kulturkaufhaus“/50.000 Mitarbeiter weltweit), üblich – die kulturelle Aktivität, welche ihrerseits an sich schon oft genug (kulturelles) Unheil bedeutet. Bei Bertelsmann stehen hinter Allem die unfassbar mächtigen Strukturen der Familie Mohn und ihres riesigen Hofstaats, viele Milliarden Euro, ein gigantisches Medien-Imperium, ein Beratungssystem, das seinesgleichen sucht und der unbedingte, unbändige Drang der Protagonisten (und der Protagonistin Liz Mohn), die tatsächlich freien Menschen in der – tatsächlich auch ohne Bertelsmann – unfreien Welt zu unterjochen fördern und fordern.

Die Gekauften und Beratenen haben diese Entwicklung zu verantworten, doch schlussendlich stehen wir alle in der Verantwortung, denn Bertelsmann und z. B. auch die mit Bertelsmann kooperierende Axel Springer AG werfen Unmengen an Produkten auf die Welt, die wir kaufen – oder eben nicht.

„Ich bin davon überzeugt, dass wir den entscheidenden Lösungsansatz für Reformen in Politik und Staat gefunden haben.“ Reinhard Mohn

Lesen und Staunen (!!!): www.bertelsmann-stiftung.de und hier: Die Bertelsmann-Medien; Info-Tipp: Anti-Bertelsmann

Bezeichnend:
Bertelsmann - Kommandatur Unter den Linden Bertelsmann – Kommandatur Unter den Linden

Rebellion auf Queerisch

Die Bullizei: sie beobachtet uns. Sie legt uns Steine vor’s Queeromobil, wo es nur geht. Sie geht gegen Überschreitungen und Ausschreitungen vor. Aber sie kämpft in einem asymmetrischen Krieg: Hier die queerdemokratische Basisstruktur, dort die hierarschische Befehlsstruktur. Hinter letzterer stehen: die Regierenden.

Die Regierenden also beehren uns mit ihrer hochheiligen Aufmerksamkeit. Auf jene können wir zwar traditionell gern verzichten, aber vielleicht haben die lieben Regierenden ja doch auch noch ein paar mehr Gründe, uns nicht aus dem Auge lassen zu wollen. Haben sie? Ja, haben sie. Sie werden wohl längst ahnen, dass auf (Repressions-) Dauer ihre Drohkulissen allein nicht ausreichen werden. Also müssen sie üben; Übung für den Ernstfall, für den Fall nämlich, dass unsere queerrevoluzzionäre Parade eines Jahres spontan den Abzweig nehmen wird, direkt hin zu ihren schicken Schreibtischen.

Oder habe ich geirrt? Wollen wir weniger?

Live queer and rebel! Diesen Gefallen sollten wir uns tun. Und ihnen auch. Allen.